Von der Wiese auf den Teller
Schwäbische Alb. Die Streuobstwiesen im „Ländle“ liefern mit hunderten verschiedenen Apfel- und Birnensorten eine außergewöhnliche geschmackliche Vielfalt. Mit der Handelsplattform Streuobst bringt der Verein Schwäbisches Streuobstparadies diese Vielfalt direkt von der Wiese in die Supermärkte und Kantinen der Region.
Jakob Fischer, Goldparmäne, Berlepsch, Rosenapfel und Gräfin von Paris: Klangvolle Namen traditioneller Obstsorten - alle mit vorzüglichem Geschmack und teils mit einer langen Geschichte. Wegen der aufwändigen Ernte von den Streuobstbäumen mit ihrer großen Krone ist die Vielfalt alter Sorten aber bislang kaum als Tafelobst im Handel erhältlich. Die Handelsplattform Streuobst will das ändern und bringt die besten Früchte von regionalen Streuobstwiesen in Märkte und Kantinen.
Im Moment sucht das Schwäbische Streuobstparadies weitere Bewirtschafter, die Äpfel und Birnen in guter Qualität liefern können. In der Saison von Mitte August bis in den November können Verbraucher dann die Sortenvielfalt von frischem Streuobst aus der Region genießen und damit gleichzeitig etwas für die Zukunft der Streuobstwiesen tun. „Eine faire Entlohnung der Arbeit auf den Streuobstwiesen ist wichtig für den Erhalt dieser einmaligen Natur- und Kulturlandschaft“, betont Maria Schropp, Geschäftsführerin beim Schwäbischen Streuobstparadies in Bad Urach.
Bewirtschafter erhalten für das handgepflückte Tafelobst mit 1,00 bis 1,20 Euro pro Kilogramm einen wesentlich höheren Preis als für Mostobst. „So können sie ihre besten Früchte gezielt vermarkten und die Motivation für die Pflege der Wiesen steigt“, sagt Schropp. Ansonsten landen die Früchte meist in der Mosterei, wo sie zwar zu leckerem Saft, Most oder Cidre verarbeitet werden, aber eben nicht als Tafelobst zur Verfügung stehen. www.handelsplattform-streuobst.de.
Spritzige Getränke aus Apfel- und Birnenwein
Die Familienkelterei Boller Fruchtsäfte bereichert das Wachstumssegment Cider mit drei attraktiven spritzigen Sorten. Karin Stolz, Geschäftsführerin von Boller und gleichzeitig Vorsitzende der IG Schwäbischer Cider mit Sitz in Stuttgart freut sich über den aktuellen Cider-Boom in Deutschland. Cider sind spritzige Getränke aus Apfel- und Birnenwein. Typischerweise im Schwäbischen aus einer Mischung von beidem, also die Weiterentwicklung des schwäbischen Mosts. Jung und knackig oder edel-elegant kommen die Cider inzwischen in immer größerer Vielfalt ins Regal. Neu im Sortiment der Boller finden sich nun drei Cider in der praktischen 0,33 l Longneck-Flasche unter dem Geschichtsträchtigen Namen „Friedrich“. Denn Herzog Friedrich I. von Württemberg pflanzte 1596 in seinen gärtnerischen Anlagen von Bad Boll die ersten Streuobstwiesen.
1-2022
Biere mit Charakter
Text: Andrea Maier
Neun baden-württembergische Brauereien haben sich zu den „Brauern mit Leib und Seele“ zusammengeschlossen. Sie betonen die Verbindung ihres Gerstensaftes mit der Region und unterstreichen dies durch gemeinschaftliche Aktivitäten.
Menschen, die ein Handwerk „mit Leib und Seele“ ausüben, gab es, gibt es und wird es auch künftig geben. Dass sich ein Zusammenschluss familiengeführter Brauereien im Bier-Ländle Baden-Württemberg nach eben dieser Überzeugung benannt hat, spricht für sich.
Vier „Brauer mit Leib und Seele“ haben sich im Jahr 2000 zusammen getan, um gemeinsam mehr zu erreichen als es dem einzelnen möglich ist. Darunter waren auch die Berg-Brauerei in Ehingen und die Geislinger Kaiser-Brauerei, die später aus der Gemeinschaft wieder ausgetiegen ist. Die „Brauer mit Leib und Seele“ definieren sich nicht ausschließlich über Umsatz und Gewinn, sondern vor allem über die Qualität ihrer Biere. Die Brauer fördern heimische Landwirte durch die gesicherte Abnahme von Braugetreide, das zu 100 Prozent aus kontrolliertem, integriertem Anbau komme. Das zeige, dass den Brauereiunternehmern das Bier als Kulturgut der Region am Herzen liege.
Die „Brauer mit Leib und Seele“ seien mit ihrer Braukunst und ihrem regionalen Ansatz ein Vorbild für erfolgreiche regionale Wertschöpfungsketten. Dies sei ganz im Sinne der Nachhaltigkeitskriterien ökologisch, ökonomisch und sozial. „Für die ,Brauer mit Leib und Seeleʼ steht diese Philosophie vom Bier daher nicht nur für Genuss, Vielfalt, Tradition und Kultur, sondern ist die Zukunft für ihre Familien, Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden“. Dieter Klenk, der seit 20 Jahren die Geschäfte der Kooperative führt, ist nach wie vor überzeugt: „Was einer nicht schafft, fällt vielen leicht.“
Fünf grundlegende Werte haben die Brauer damals beschlossen und an denen kommt niemand vorbei. „Wir sind für Vieles offen, doch unseren Werten streng verpflichtet“, die sie wie folgt zusammengefsasst haben:
- Unser Bier hat ein Gesicht!
- Unser Bier ist zu 100 Peozent von hier!
- Unser Bier ist traditionell gebraut!
- Unser Bier ist Teil der regionalen Kultur!
- Unsere Biere haben Charakter!
„In diesem Sinn zu denken und zu handeln, verbindet uns.“ Das gemeinsame Ansinnen halten die Mitgliedsbetriebe mit Aktionen wach. Sie tauschen sich engagiert aus, organisieren Weiterbildungen und Exkursionen, lernen miteinander Neues und hegen Bewährtes. Durch alle Unterschiedlichkeit hindurch feiern sie reih‘um Feste und unterstützen einander mit Rat und Tat.
Eine der Brauereien „mit Leib und Seele“ und jüngstes Mitglied der Kooperative, ist vom Fuße der Schwäbischen Alb nicht wegzudenkenw: Die Lammbrauerei Hilsenbeck. In Gruibingen (Kreis Göppingen) wird seit 1728 Bier gebraut. Stand in den 1960er Jahren noch das Brauereigasthaus im Mittelpunkt, gewann das Brauen durch die Einrichtung eines Sudhauses in den 1970er Jahren an Bedeutung. In den 80er Jahren übernahm der heutige Braumeister Hans-Dieter Hilsenbeck den Betrieb, mit einer Menge erfrischender Ideen: So wurde 1988 das naturtrübe ‚Hilsenbecks Brunnenbier‘ aus dem Gruibinger Dorfbrunnen gezapft. In den 90ern ist die Bügelflasche zurück, gilt als ‚kultig‘ und wird alsbald in verschiedenen Größen zum Markenzeichen einiger Hilsenbeck-Biere. Das traditionsreiche Familienunternehmen zeichnet sich durch steten Wandel aus: Erweiterungs- und Neubauten folgen auf die steigende Nachfrage und Beliebtheit der Bierspezialitäten. Die Ausbildung junger Brauer, Brauerei-Führungen, und „handgemachte“ Bierspezialitäten leuchten weit in die Region.
Info www.die-brauer-mit-leib-und-seele.de; www.gruibinger.de
1-2021
Bohne um Bohne
Text: Andrea Maier und Rüdiger Gramsch
Kaffeeplantagen auf der Schwäbischen Alb? Die gibt es nicht. Zu rau ist hier das Klima. Dafür finden Kaffeeliebhaber in der Region aber kleine Röstereien, die aus den Steinkernen der kirschähnlichen roten Früchten der Kaffeepflanze die Basis für Heißgetränke mit den unterschiedlichsten Aromen zaubern und damit Akzente gegen die Massenware der großen Kaffeehändler setzen.
Jeder, der Kaffee liebt, spricht von der Kaffeebohne. Doch Botaniker rümpfen die Nase, wenn davon die Rede ist. Streng genommen ist die Kaffeebohne nicht die Frucht der Kaffeepflanze, sondern nur die beiden mit abgeflachten Seiten zueinander liegenden und mit einer Längsfurche in der Mitte versehenen Kerne der kirschenähnlichen Frucht.
Es gibt rund 250 verschiedene Kaffeesorten, doch nur zwei haben sich auf dem Weltmarkt durchgesetzt. Zum einen Arabica – mit 60 Prozent Anteil die wichtigsten Sorte – und Robusta. Arabica wächst vor allem im Hochland von Brasilien, Kolumbien oder Kenia. Die Bohne ist grünlich bis blaugrün und etwa neun Millimeter lang.
Im Gegensatz dazu ist die Robusta bräunlich bis gelbgrün und kleiner als die Arabica. Und die Kaffeepflanze ist schnellwüchsiger, ertragreicher und widerstandsfähiger als die Arabica-Sorte. Sie wächst in Gebieten bis 900 Metern Höhe wie zum Beispiel in Kolumbien, Vietnam oder Indonesien. Wer gerne Espresso trinkt, kommt auch in den Genuss der Robusta, denn sie wird dort als Zusatz benutzt, da sie die Bildung der Crema unterstützt und im Geschmacksprofil sehr säurereduziert ist.
Um den weltweiten Bedarf nach vor allem preiswerten Kaffee zu befriedigen, setzen die großen Anbieter auf schnelle Ernten und bewährte Röstvorgänge. Gerade hier halten aber die kleinen Kaffeeröstereien dagegen. Sie bekommen die Bohnen von ausgesuchten Parzellen und achten darauf, dass die Ernte höchsten Qualitätsansprüchen genügt. Dabei spielen die Anbauhöhe, die geologische Beschaffenheit des Anbaugebiets und die dort herrschenden klimatischen Verhältnisse ebenso eine Rolle wie die Arbeitsbedingungen, unter denen die Früchte des Kaffeestrauchs geerntet werden. Die kleinen Röster gehen damit auch das Risiko ein, dass sich Erntemengen und Geschmackprofile von Jahr zu Jahr unterscheiden.
Geerntet wird der Kaffee für die kleinen Röstereien von Hand, weshalb auch nur die vollreifen Früchte gepflückt werden. Die noch unreifen bleiben am Strauch. Diese Methode ist zwar aufwändiger, garantiert aber mehr Qualität. Später werden die Früchte noch einmal nach Größe sortiert und je Sorte werden die Kerne in unterschiedlichen Verfahren vom Fruchtfleisch getrennt. Abgepackt in zumeist 30-Kilo-Säcken kommen die Bohnen dann nach Deutschland in die kleinen Röstereien. Und die haben, jede für sich, mit viel Gespür und Erfahrung eigene Röstverfahren entwickelt. Rösttemperatur und Röstdauer spielen da die Hauptrolle. Ziel ist es, dem Kaffee die eigene Note, ein unvergleichliches Geschmacksprofil zu geben.
Info www.saneera.de; www.schwarz-coffeeshop.de; www.kaffeewerk-zollernalb.de
1-2021
Eis vom Hof
Text: Andrea Maier
Eis - die cremige, fruchtige oder sahnige, immer köstlich süße kalte Masse sorgt das ganze Jahr über für genussvolle Momente. Gerade jetzt, wo die Natur sich von ihrer prächtigsten Seite zeigt, wo uns Farben, Düfte und sonnige Wärme bezaubern, ist die Lust auf Eis besonders groß. Im Trend: Eis vom Bauernhof
„Schokolade und Vanille sind nach wie vor die beliebtesten Sorten, aber unsere Kunden probieren auch gerne Neues.“ Martin Mohring vom Bergfeldhof in Börtlingen (Kreis Göppingen) weiß um die Vorlieben seiner Kundschaft und ist immer dabei neue Geschmacksrichtungen zu entdecken. In seiner Eis-Küche gießt er gerade eine tief rote, fruchtig duftende Masse in die Eismaschine: frisch pürierte Beeren für das Waldbeerensorbet.
Ganz in hygienisch reinem Weiß gekleidet, sieht man den Landwirt Martin Mohring selten. Er bearbeitet meist die Felder und Wiesen, auf denen das Futter für die Milchkühe der Familie wächst. Sein Sohn Michael brachte die Idee, selbst Eis herzustellen, aus seiner Lehrzeit mit. Der engagierte Jungbauer informierte sich, wägte ab, rechnete und überzeugte seine Eltern auf dem heimischen Hof. Seit 2004 sind Mohrings Teil der internationalen Marke 'Bauernhof-Eis'.
Martin Mohring verarbeitet ausschließlich Milch der eigenen Kühe, Sahne und Joghurt aus der Molkerei, Obst und Fruchtauszüge überwiegend von Produzenten in der Umgebung und die unterschiedlichen Zuckermischungen von der Mutterfirma 'Bauernhof-Eis'. „Unser Eis ist in Handarbeit frisch und hier auf dem Hof hergestellt – kein industriell gefertigtes Eis kann je so gut schmecken.“ Immer mehr Gastronomen wertschätzen die Qualität regionaler Lebensmittel und schmücken ihre Dessert-Karte mit 'Bauernhof-Eis'. Auf Festen und Märkten ist Martin Mohring mit seinem Eiswagen immer gut besucht und ungezählte Kinder und Erwachsene holen sich aus den großen Eis-Truhen direkt auf dem Bergfeldhof in Börtlingen kleine Portionen, die meist schon vernascht sind, bevor man zu Hause ist oder größere Packungen von diesem ganz besonderen Eis-Genuss.
Leckeres Eis gibt es auch im Lautertal, genauer in Indelhausen (Kreis Reutlingen) bei Familie Bachmann. Auch Bachmanns halten in ihrer Landwirtschaft Milchvieh und stellen aus der frisch gemolkenen Mich auf ihrem Hof das Eis her. Ralf und Manuela Bachmann schätzen es, ohne Bindung an ein Unternehmen „unser Eis auf unsere Weise mit den von uns ausgewählten Zutaten zu machen.“ Joghurt aus der Milch ihrer Kühe zählt zu den wichtigsten Grundlagen in ihrer neu erbauten Eis-Manufaktur. Ansonsten schauen sie sich in der Umgebung um und nehmen dazu, „was die Alb zu bieten hat“. „In unserem Eis stecken keine künstlichen Zusatzstoffe, dafür viel Liebe und fast 20 Jahre Erfahrung.“ Wichtig ist Familie Bachmann die Nachhaltigkeit ihrer Eisproduktion: „Wir identifizieren uns als alteingesessener Landwirtschaftsbetrieb mit der Natur der Schwäbischen Alb und dem Lautertal. Deshalb legen wir großen Wert auf kurze Lieferwege und auf die unmittelbare Verarbeitung und Vermarktung unserer Produkte.“ Ihre tief verwurzelte Bodenständigkeit ergänzen Bachmanns mit der Lust am Ausprobieren. In jedem Jahr bieten sie neben den heißgeliebten Klassikern zum Saisonstart eine neue kulinarische Besonderheit. Zu bekommen ist der Hochgenuss in Cafes und Restaurants im weiteren Umkreis, auf Festen - und natürlich im 'Eis-Häusle' direkt auf dem Hof.
Hofeis gibt es auch auf dem Waldeckhof in Jebenhausen. Dort wird es allerdings nicht aus Kuh-, sondern aus Schafsmilch sorgfältig hergestellt. Der Landwirtschaftspflegehof ist ein zertifizierter Arche- und Biolandhof, ein Erlebnisbauernhof – und vor allem ein Projekt zur Integration benachteiligter Menschen. Mit Produkten aus Schafsmilch hat sich der Hof einen Namen gemacht, vielfach wurden die Käsespezialitäten ausgezeichnet und sogar mit der goldenen Käseharfte, dem Oscar der Branche, geehrt. Vor einigen Jahren konnte man aus Spendengeld eine Eismaschine kaufen und begann, mit Unterstützung eines italienischen Gelatiere, die ersten Eissorten herzustellen. Die Eisspezialitäten, darunter auch das mit Urkunde bedachte Mango-Chilli, haben inzwischen viele Freunde gefunden, die die besonders cremige kalte Leckerei nicht missen möchten.
Eis vom Bergfeldhof, 73104 Börtlingen, Tel.07161 / 51383
Lautertal-Eis, Mühlstrasse 1, 72534 Hayingen-Indelhausen, Tel. 07386 /1461
Schafsmilcheis vom Waldeckhof, Waldeckhof 1, 73035 Göppingen-Jebenhausen, Tel. 07161/ 94698-0
1-2020
Mit Black Gin die Welt erobern
Auch wenn der Wacholder die Schwäbische Alb prägt, so setzt Holger J. G. Frey bei der Kompositionen seines Black Gin doch lieber auf den Wacholder aus der Toskana. Der Experte weiß, dass dieser sein Spitzen-Destillat noch perfekter macht. Eine regionale und fruchtige Note bekommt der Gin durch Schlehen, die nach dem ersten Frost des letzten Winters auf der Alb geerntet wurden.
Eine Fülle qualitätsvoller Aromakomponenten sorgen beim Black Gin für eine unvergleichliche Komplexität, Dichte und einen unverwechselbaren Geschmack. „Wir haben uns überall auf der Welt auf die Suche nach dem Besten gemacht“, erzählt der Brennmeister und wurde beim Wacholder eben in der Toskana fündig. „So genannte toskanische Riesen, die nur ein Jahr Reifezeit bekommen, bilden die Grundlage des Gins, mit dem Frey seit wenigen Wochen auf dem Markt ist. Von Amalfi-Zitronen und Moro-Blutorangen verwendet er die hocharomatischen Schalen, die dem Destillat eine besondere Frisch verleihen. Der Lavendel stammt aus der Provence, die Schlehen sind nach dem ersten Frost auf der Schwäbischen Alb geerntet worden. Sie bilden den fruchtigen Part. Hinzu kommen noch Ingwer, Ceylon-Zimt, Römische Kamille, Koriander, Kakaobohnen, Hopfenblüten und Safran, sowie 62 weitere gut gehütete und streng geheime Zutaten aus aller Welt. Die alkoholische Grundlage bildet ein Malz-Weizen-Destillat. „Der hohe Malzanteil bringt eine unvergessliche Milde und sorgt trotzdem für den nötigen Druck,“ plaudert Frey über die Zutaten seines Getränks, mit dem der Schwaben die Welt der Gin-Genießer erobern will. Und das mit einem Namen, der bei Freunden des Destillats aufhorchen lässt: Gansloser.
Marke erinnert an früheren Ortsnamen
Schon seit 1905 werden bei Gansloser Destillate mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail hergestellt. Johann Georg Frey, der aus einer traditionsreichen Bäckerfamilie stammt, gründete seine Hausbrennerei im schwäbischen Auendorf (Kreis Göppingen), einem Ortsteil von Bad Ditzenbach. Ab 1906 brachte Frey sein Zwetschgenwasser unter den Namen Gansloser auf den Markt und griff damit auf den früheren Ortsnamen Ganslosen zurück. So hieß Auendorf bis 1849, als auf Wunsch der Bürger der Ort durch den württembergischen König umbenannt wurde. Reine Destillate, nach alten Rezepten – ganz natürlich – ohne den Zusatz naturidentischer Stoffe – hergestellt, zeichneten die Produkte der Brennerei aus. Dank der Innovationsfreude seiner Inhaber wuchs mit den Jahrzehnten das Sortiment an neuen Edeldestillaten.
Die exklusiven Produkte der Gansloser Destillerie J.G. Frey wurden in prämierten Spitzenrestaurants ausgeschenkt und in renommierten Feinkostabteilungen verkauft. 2009 überraschte erstmals der Gansloser Black Gin. 2014 ergänzte mit den Gansloser-Spirituosen ein namhafter Getränkeabfüller sein Sortiment und gliederte die traditionsreiche Destille in seinen Betrieb ein. Als sich 2019 das Aus des Unternehmens abzeichnete, setzte Holger J.G. Frey auf einen eigenständigen Neubeginn und sorgt nun mit Freunden für eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte Gansloser im Landkreis Göppingen. Dabei konzentriert sich Frey zunächst auf die Herstellung seines Black Gin (und Black Vodka), der in den nächsten Monaten wieder die Liebhaber dieses Destillats auf der ganzen Welt überzeugen soll.
Im Gegensatz zu Whisky, Wodka oder Rum spielt beim Gin nicht die Grundzutat zum Destillieren die Hauptrolle, sondern es sind die pflanzlichen Zusatzstoffe, die dem Gin sein geschmackliches Profil und seine aromatische Vielfalt verleihen. „Die so genannten ,Botanicals‘ machen den Gin aus. Je nach Stil und Marke unterscheiden sie sich beträchtlich sowohl in der Anzahl als auch der Auswahl. Doch jenseits möglicher Zugaben von Ingwer oder Muskat, Orangenzeste oder Paradiesapfelkernen, Kardamon oder Fenchel, grünem Tee oder gelben Safran ist allen Gins eines gemeinsam: das Aroma der Wacholderbeere“, so Holger J.G. Frey, der zur Weltspitze der Gin-Experten zählt.
Der Wacholder ist der Namensstifter des Gins. Es sind die Niederländer, die als erste eine Spirituose mit Wacholder herstellten und sie abgewandelt vom lateinischen Namen Juniperus „Jenever“ nennen. Als ihr Landsmann Wilhelm III. von Oranien-Nassau den 1689 den englischen Thron besteigt, nimmt er seinen Jenever oder Genever mit auf die Insel, auf der die bekehrten Untertanen alsbald ihren Gin selber herstellen.
Für die Produktion von Gin darf nach der EU-Verordnung ausschließlich Ethylalkohol aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen verwendet werden. Dies ist in den allermeisten Fällen Getreide. Es gibt aber beispielsweise französische Brenner, die – eher dem Cognac vergleichbar – ihren Gin auf Basis von Branntwein kreieren.
Immer ausgefallenere Gin Tomic-Rezepturen
„Die Aromatisierung des Gins mit den Botanicals erfolgt während der Destillation und nicht im Nachhinein. Dazu geben die Brennmeister die Zutaten direkt in die Maische, so dass diese ,mitgebrannt‘ werden, oder sie führen die entstehenden Alkoholdämpfe über die Botanicals, damit sie die Aromen aufnehmen. Das mehrfache Brennen des Destillats wie auch die besonderen Brennblasen prägen die Charakteristik des Gins zusätzlich aus“, erzählt Frey. Der Mindestalkoholgehalt für Gin beträgt 37,5 Prozent-Volumen. Aus sensorischen Gründen erhalten bestimmte Abfüllungen auch einen höheren Alkoholanteil, schließlich ist der Alkohol wichtiger Geschmacksträger.
Die Vielfalt des Gins mache es zunehmend schwieriger, eine einheitliche Stilistik zu beschreiben, weiß Frey. Die Fachwelt halte an Unterscheidungen wie „London Gin“ oder „Old Tom Gin“ fest, um unterschiedliche Ausprägungen von Süße – vor allem in Hinblick auf verschiedene Cocktail-Klassiker – zu benennen. Immer ausgefeilter gestalten sich auch die Gin Tonic-Rezepturen der einzelnen Marken. Abgestimmt auf ein bestimmtes Tonic Water, mit oder ohne Gurke, oder doch lieber mit frischem Basilikum. Frey: „Auch hier blitzt die Experimentier- und Genussfreude der Gin-Gemeinde wieder auf.“
www.gansloser.black
1-2020
Ländliche Perfektion
Wenn Hermann Mühlhäuser aus seiner Brennerei tritt, blinzelt er im Sonnenlicht, schnuppert den Duft des kräftigen Rosenstrauchs rechts und freut sich am reich tragenden Birnbaum links von der Tür und an einem unvergleichlich schönen Blick auf den Hohenstaufen. Mit diesem Bild vor Augen bekommen auch jene, die keinen besonderen Bezug zu Whisky haben, eine Ahnung davon, was Jim Murray meint, wenn er in der „Whisky Bible“ von der Spezialität des Familienunternehmens Mühlhäuser & Sohn schwärmt: „Himmel - destillierte Heuhaufen - (...) Prächtiges Vollkorn mit lieblicher Süße - frisch von der Mühle - flüchtige Öle verbinden sich mit leicht salzigem Aroma trockener Eiche - so ganz anders - ländliche Perfektion.“
Geht Hermann Mühlhäuser in seine Brennerei , senkt der hochgewachsene Mann den Kopf. Ein blank polierter Kupferkessel strahlt dem Besucher entgegen. „Spezialanfertigung wegen der geringen Raumhöhe“, erklärt er und erläutert an dem in Eislingen hergestellten Destilliergerät den Prozess des Brennens. Das Holz für die Befeuerung stammt aus dem eigenen Wald, das Obst von den umliegenden Streuobstwiesen, das Getreide vom eigenen Feld. Ganz klar, hier steht ein Mann, der in die Kunst des Brennens hinein gewachsen ist. Groß geworden in einer Rundum-Landwirtschaft mit Vieh, Wald, Obst- und Ackerbau hat er's von seinem Vater gelernt, der hat es von seiner Mutter, die von ihrer Mutter … . „Brennen war eben auch Frauensache“ erklärt Mühlhäuser. Hier in Süddeutschland galten bis vor wenigen Jahren ganz besondere Brennrechte „noch aus Kaisers Zeiten“. Wenn er bei Führungen davon erzählt, kommen skurrile, meist ziemlich ulkige Geschichten daher. Obgleich er den elterlichen Hof im idyllischen Oberwälden, das zu Wangen (Kreis Göppingen) gehört, übernehmen sollte, entschied er sich für eine Ausbildung im Bankwesen. 1992 übernahm er den Hof, verkleinerte die Landwirtschaft und brannte nebenbei, „wie man's halt so machte.“ Von einem Kunden hörte er erstmals von „Schwäbischem Whisky“. Sein Interesse war geweckt, sein Ehrgeiz ebenso. Vor 20 Jahren brannte er erstmals Weizen und Gerstenmalz, lagerte das Produkt deutlich über drei Jahre in einem Holzfass – und war vom Resultat erstaunt. In der Zwischenzeit hat er sich einiges Whisky-Fachwissen angeeignet, Seminare besucht und vielen alten Hasen aufmerksam zugehört. Schon bald schickte er seine Versuche zu Wettbewerben. „Nur so komme ich weiter“, dachte er. Die teils höchsten Auszeichnungen, die bald folgten, „haben mich angespornt, unseren Whisky immer weiter zu verfeinern.“ Neben vielerlei Obstbränden reift nun im Gewölbekeller ein einzigartiger Whisky, gelagert in kostbaren Bourbon-, Weißwein-, Amarone- und Sherryfässern. Absolute Spezialität ist der „Oberwälder Whisky“ - er reift fünf bis sechs Jahre.
Wenn ein Kupferschmiedemeister seit über 30 Jahren weltweit geschätzte Destillieranlagen entwickelt und herstellt, wundert es nicht, dass er selbst mit Leidenschaft ausprobiert, was da Feines herauszuarbeiten ist. So kam es, dass Ulrich Kothe zuerst Erfahrungen mit Obstbränden sammelte. „Ich wollte alle Früchte meiner Streuobstwiese verwerten – und etwas Gutes daraus machen.“ Mit dieser Erfahrung lockte ihn das Besondere und er schuf sich eine Whisky-Brennerei. Wunderschön gelegen im idyllischen Degenfeld, einem Stadtteil von Schwäbisch Gmünd im Ostalbkreis. Benannt hat er das schmucke, in den Hang hinein gebaute Gewölbe-Ensemble nach dem überlieferten Namen der ältesten Stauferstadt Schwäbisch Gmünd: „Gamundia“. Zum 850. Gründungsjubiläum der Stadt destillierte Kothe 2012 den „Old Gamundia Whisky“, wenig später zu Ehren der aus Degenfeld stammenden Goldmedaillensiegerin Carina Vogt die „Edition Gold 2014“. Da Ulrich Kothe gerne Menschen, Handwerkskunst und Genuss zusammenbringt, bietet er informative Führungen und Verkostungen an. Gästegruppen und Interessierte staunen zwischen althergebrachten Gerätschaften traditioneller Destillierkunst, sitzen an langen Eichentischen und genießen Köstliches aus Küche und den Fässern, die im Gewölbe nebenan lagern.. Für besondere Anlässe, Geburtstage oder Jubiläen bietet Ulrich Kothe an, gemeinsam einen ganz persönlichen Single Malt zu brennen, für den man eine urkundlich beglaubigte Patenschaft übernimmt und ihn nach drei Jahren Reifung im 30-Liter-Eichenfass in Empfang nehmen kann.
www.mhbrennerei.de
www.old-gamundia.de
www.lamm-tuebingen.de
1-2020
Hohe Kunst des Brennens
Wer Streuobst sagt, meint auch Destillate. Seit jeher sind Klein- und Obstbrenner wichtige Partner derer, die eine Streuobstwiese bewirtschaften. Und die wiederum sind darauf angewiesen, dass sich die mühselige Pflege der ökologisch so wichtigen Wiesen lohnt. Ohne Abnehmer von Kern- und Steinobst sind die Streuobstwiesen in ihrem Bestand bedroht. Und ohne einem feinen Destillat aus Streuobst würde nicht nur den Gourmets etwas fehlen.
Apfel, Birne, Kirsche, Zwetschge, Mirabelle oder Quitte – was hier im Sommer auf den Bäumen der Streuobstwiesen wächst, ist bester Grundstoff für das, was in den vielen Brennereien am Albtrauf nach der Ernte hergestellt wird. Gutes und vor allem reifes Obst ist ein Muss, soll das Destillat am Ende den hohen Qualitätsanforderungen entsprechen. Faule Früchte bleiben außen vor, denn die schmeckt man hernach, sagen die Experten. Das Brennen ist schon eine Wissenschaft für sich, das Können, aus dem gewonnen Alkohol einen Edelbrand zu machen, gleicht der Kunst, ein Parfüm zu kreieren. Denn dank ihrer Nasen schaffen, es die Brenner, in ihren Destillaten die Obstaromen der Landschaft einzufangen und zu konservieren. Kein Wunder also, dass das Destillat, in schöne Flaschen gefüllt und mit einfallsreichen Etiketten versehen, auch seinen Preis hat. Ein feines Destillat ist schließlich kein Durstlöscher, sondern etwas für Genießer.
Das Obst wird zunächst zu einer Maische gebraut, die dann in eine Brennblase kommt. Dabei handelt es sich um einen beheizbaren Kessel, in dem die Maische bis zur Siedetemperatur gebracht wird, um die leicht flüchtigen Inhaltsstoffe zu verdampfen. Die Dämpfe steigen hinauf in den Kühler, verflüssigen sich und werden dann als Destillat abgelassen. Allerdings kann nicht alles vom Destillat genutzt werden. Vor- und Nachlauf aus dem Kühler werden nicht für edle Brände verwendet, lediglich der Hauptlauf wird weiterverarbeitet. Die Flüssigkeit, die da aus dem Brenner kommt, hat es in sich, erreicht schon mal gut und gerne einen Alkoholgehalt von 85 Prozent und mehr. Um am Ende ein genießbares Destillat zu bekommen, wird der Brand mit destilliertem Wasser verdünnt und erreicht dann so um die 40 Volumenprozent.
Dass das Brennen edler Destillate eine Kunst ist, weiß auch Tobias Hörlein im Stuttgarter Stadtbezirk Möhringen. 1989 übernahm er in der fünften Generation den landwirtschaftlichen Betrieb und mit ihm auch die Hausbrennerei. Für das Brennen hatte ihn sein Großvater Otto Stoll begeistern können. 2003 legte Hörlein die Prüfung als staatlich anerkannter Brenner ab und erweiterte, einhergehend mit der Modernisierung des Destillerie, auch das Sortiment, zum Beispiel um Mispel- und Kräuterbrand, Ebereschen- und Haselnussgeist. Inzwischen ist auch Sohn Johannes beim Brennen dabei. Von ihm stammt die Idee, Gin herzustellen, der als John-Gin im Regal steht und der bereits wegen seiner Top-Qualität ausgezeichnet wurde.
Dass Fritz Stolz seine Mosterei 1941 vorrangig zur Versorgung der Bevölkerung rund um Bad Boll (Kreis Göppingen) gründete, wissen viele der Älteren in der Umgebung. Dass unter seinem Sohn Albert daraus eine erfolgreiche Kelterei heranwuchs, wissen alle, die gerne Fruchtsaft trinken. Dass das Familienunternehmen in dritter Generation auch feine Obstbrände im Sortiment führt, wissen vor allem Kenner. Karin Stolz, eine der drei Enkel des Gründers, erzählt, dass damals Großmutter Thekla Stolz für die kleine Haus-Brennerei zuständig war. „Von ihr haben unser Vater und meine Bruder Uli die Kunst des Brennens gelernt.“ Säfte, vor allem aus den Früchten der hochstämmigen Streuobstbäume im Voralbgebiet, waren sind und bleiben das weithin geschätzte Hauptprodukt von Boller. Doch die Ergebnisse aus reichem Erfahrungsschatz kombiniert mit den Möglichkeiten einer modernen Destillieranlage lassen Liebhaber edler Obstbrände und -Liköre schwärmen. „Kirschen, Mirabellen, Äpfel, Birnen, Zwetschgen, von den Bäumen, die wir rundherum sehen, die sorgsam gepflegt und geerntet werden.“ Karin Stolz weiß die ganze Bandbreite heimischer Streuostwiesen zu schätzen. „Unsere Obstbrände“ so betont sie, „sind eine kleine, leidenschaftlich geführte Edition für Genießer. Es gibt sie ganz exklusiv nur in unserem Kelterladen und in unserem Online-Shop.“
Die Brüder Karl-Otto und Jürgen Kaiser aus Salach (Kreis Göppingen) führen mit ihrer Schwester Karin das fort, was ihr Großvater 1864 einmal angefangen hatte. Die drei verarbeiten in ihrer Mosterei Obst von Streuobstwiesen. In guten Jahren werden gut 100 Tonnen angeliefert. Dann gehen rund zwei Drittel weiter an Safthersteller, ein Drittel verarbeiten die Geschwister mit ihren Familien selbst. Daraus werden Most und Säfte, aber auch Destillate hergestellt. All das machen die Kaisers im Nebenerwerb und mit viel Freude. Um die Vielfalt des Streuobsts zu unterstreichen pressen sie beispielsweise sortenreine Säfte und bieten so mehrere Dutzend Apfelsaftsorten an – auch in der praktischen Bag-in-Box, in die fünf Liter passen. Saft und Most sind das eine, die Destillate das andere. Hochwertige Brände und Geister entstehen in Kaisers Destillerie, die im Hofladen erhältlich sind. Und die Geschwister freuen sich, wenn es für ihre edlen Produkte immer wieder internationale Auszeichnungen gibt. Eine Bestätigung für die oft schweißtreibende Arbeit. Die wiederum erledigen die Kaisers gerne, da ihnen der Erhalt der Streuobstwiesen und damit der Kulturlandschaft am Herzen liegen.
Um den Erhalt dieser Landschaft kümmert sich auch in vielfältiger Weise der Verband Schwäbisches Streuobstparadies. Er lockt zu Zeiten der Obstbaumblüte, dem schwäbischen Hanami, mit zahlreichen Veranstaltungen, Festen und Führungen in die Streuobstwiesen. Im Herbst und Winter heißt es dann „Das Paradies brennt“. Die Brenner gewähren Blicke in ihre Destillerien, erzählen über die Kunst des Brennens und laden zu geistreichen Proben ein. Der Landesverband der Obst- und Kleinbrenner Nord-Württemberg mit Sitz in Owen (Kreis Esslingen) betont die hohe Qualität der Brände mit einer Hoheit: Destillatkönigin Vera Bullinger aus Wolpertshausen repräsentiert seit Ende 2018 bundesweit feinste Destillate und ist bereits die siebte Kronen-Trägerin. gra/am
www.hausbrennereihoerlein.de
www.boller-fruchtsaefte.de
www.kaiser-salach.de
1-2020
Big Data für Obstbrände
Hochwertige Spirituosen sind in der Obst- und Kleinbrennerei essenziell, um am Markt bestehen zu können. Doch ob der Brand gelingt, beruht bisher auf dem Fingerspitzengefühl der Anlagenbetreiber. Das Projekt Brennerei 4.0 soll das nun ändern: Die Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim in Stuttgart ließ dafür eine ihrer Destillationsanlagen durch die Firma Carl GmbH (Eislingen) digitalisieren. So wollen die Forscher Einblick in die bisher unbekannten Abläufe in der Anlage erhalten. Ihr Ziel: Praxisempfehlungen für die rund 14 000 Klein- und Obstbrenner Deutschlands.
„2018 wurde das Branntweinmonopolgesetz abgeschafft, jetzt muss jeder seine Produkte selbst vermarkten“, berichtet Prof. Ralf Kölling-Paternoga, Leiter des Fachgebiets Hefegenetik und Gärungstechnologie an der Universität Hohenheim. Deshalb sei Qualität wichtiger denn je. „Grund für Qualitätsmängel sind oft fehlende Kenntnisse der Verfahrenstechnik“, erklärt Dr. Daniel Einfalt, Leiter der Forschungs- und Lehrbrennerei an der Universität Hohenheim. „Beim Brennen unterscheiden wir zwischen Vor-, Mittel- und Nachlauf – genutzt wird der Mittellauf. Und je nachdem, wann man wieviel Gas gibt oder bremst, kann man den Vor- und Nachlauf verschieben. Das verändert die Aromen im Produkt.“
Doch daran, wie man idealerweise diesen Brennvorgang steuert, scheiden sich die Geister. „Bei zehn Brennern gibt es zehn Meinungen dazu“, so Dr. Einfalt. Die Qualität beruhe daher ausschließlich auf Erfahrung und Geschick der Brenner – denn die Destillationsanlagen seien bisher eine Black Box.
Die Hohenheimer Forscher haben daher für rund 40 000 Euro eine ihrer Kupferdestillationsanlagen von der Firma Carl aus Eislingen digitalisieren lassen. „Nun haben wir zehn Temperatursensoren an der Anlage und Ansatzmöglichkeiten für weitere Sensoren“, erläutert Alexander Plank, Geschäftsführer bei Carl. „Zudem messen wir die Volumenströme des Dephlegmator-Rückflusses, des so genannten Phlegmas, und des Produktes. So erhalten wir einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Stoffströme. Denn bisher wusste niemand, was genau in der Anlage eigentlich geschieht. Elsner
1-2020
Dort, wo die Weine reifen
Text: Andrea Maier
Vom Esslinger Teilort Mettingen aus findet man gut hinauf zur Kelter der Weingärtner Esslingen. Oben steht das zentrale Gebäude der 1901 gegründeten Weingärtnergenossenschaft. Hierher, in die 1970 erbaute Kelter, liefern derzeit 65 Mitgliederbetriebe ihre Trauben. Hier wird verkostet, entwickelt, prämiert und gefeiert. Von hier aus wird der Wein verkauft und ausgeliefert. Das Gebäude wird umgebaut, am 23.Juni steigt die Eröffnungsfeier.
Achim Jahn ist seit zwölf Jahren Vorstandsvorsitzender der Esslinger Weingärtner. Die bewirtschaften gemeinsam eine Rebfläche von ca. 72 Hektar, davon sind 26 Hektar terrassierte Steillagen entlang der historischen Stadt. Auf den Südhängen des Neckartals gedeihen die Reben. Zu 65 Prozent wird Rotwein und zu 35 Prozent Weißwein erzeugt. Ein Wengerter verbringt rund 1500 Stunden am steilen Hang, bevor die Trauben geerntet werden können. Von deren Arbeit können sich Interessierte beim Weinwandertag am 19. Mai ein Bild machen.
Mit sichtlicher Freude führt Achim Jahn über die Baustelle, mit der die Genossenschaft in die Zukunft investiert. Er weiß, dass Ortsfremde keine Ahnung davon haben können, was hinter der Fassade der augenscheinlichen Produktionsstätte bisher verborgen blieb: Schön gestaltete Verkostungs- und Verkaufsräume. Jetzt laden große Fenster dazu ein, ins Innere dieses Gebäudes zu schauen, das sich dort oben an den Hang schmiegt. „Die Grundfläche bleibt“, erläutert Achim Jahn, „aber wir haben ein Geschoss obenauf gesetzt.“
Wieder im Erdgeschoss erklärt Jahn die zurückhaltend elegant präsentierten Weine. Er erzählt von ihren Eigenschaften und Nuancen, wo und wie sie gewachsen und gepflegt, geerntet, weiter entwickelt, gereift und abgefüllt sind. „Das und vieles mehr können Besucher bei uns mit allen Sinnen erfahren – und den genau zu ihnen passenden Wein finden.“
Info: www.weingaertner-esslingen.de
1-2019
Liebe zum Lamm
Text: Rüdiger Gramsch
Fleisch vom Württemberger Lamm ist gefragt wie nie. Die Schäfer könnten deutlich mehr verkaufen, doch das lässt die artgerechte Tierhaltung in freier Natur nicht zu, wie Ulrich Rothweiler aus Albershausen (Kreis Göppingen) von der baden-württembergischen Lammfleischerzeugergemeinschaft weiß. Anders als ein Schwein bringt ein Schaf im Jahr nur ein Lämmchen zur Welt, in Ausnahmefällen auch mal zwei. Da ist es ganz natürlich, dass das Angebot seine Grenzen hat. Rothweiler schwört seit vielen Jahren auf das Württemberger Lamm und kümmert sich ums Image für das gute Stück Fleisch aus Baden-Württemberg. „Die Marke garantiert mit dem Qualitätszeichen Baden-Württemberg (QZBW), dass die Tiere nach strengen Qualitätskriterien aufwachsen. Futtermittel aus gentechnisch veränderten Organismen kommen nicht zum Einsatz, auch nicht im Winter, wenn die Weideflächen verschneit sind und die Tiere sich bei der Futtersuche schwer tun“. Lammfleisch zählt übrigens zu den magersten Fleischarten überhaupt und beinhaltet wichtige Nährstoffe, darunter viel Kalzium, hochwertiges Eiweiß, Vitamin B12, Zink, Selen und Eisen.
Ulrich Rothweiler, Geschäftsführer der Lammfleischerzeugung Baden-Württemberg e.V. und hauptberuflich bei der Viehzentrale Südwest in Stuttgart für das Lammfleisch zuständig, hat sich ganz dem Württemberger Schaf verschrieben. Als Jugendlicher ist er mit den Tieren in Berührung gekommen. Sein Onkel im heute zu Ebersbach (Kreis Göppingen) gehörenden Ortsteil Roßwälden hatte Württemberger Schafe gehalten und mit ihm und der Herde zog er schon mal mit nach Trochtelfingen auf die Alb oder sogar nach Pfullendorf. Die Liebe zu den Tieren blieb. Als Rothweiler an der Hochschule in Nürtingen studierte, schrieb er seine Diplomarbeit über Möglichkeiten der Vermarktung des Württemberger Lamms – ohne zu ahnen, dass er sich wenig später beruflich mit dem Thema auseinandersetzen sollte.
Die Zeit scheint vorbei, als die Menschen bei Lammfleisch die Nase gerümpft haben. Das Fleisch hatte ein schlechtes Image, auch dank des Hammelfleischs, das - oft nicht richtig zubereitet -, durch einen penetranten Geschmack keine Lust aufs Schaf machte. Seit einigen Jahren kommt Lammfleisch, das bundesweit einen Anteil von 0,6 bis 0,9 Prozent am Fleischkonsum der Menschen ausmacht, in Mode. Über die Gründe der steigenden Nachfrage darf noch spekuliert werden. Kann das gesunde Lammfleisch gegen das in Verruf geratene Schweinefleisch aus der Massentierproduktion oder gegen die mit Hormonen vollgespritzte Pute beim Verbraucher punkten oder tragen die ins Land geströmten Muslime dazu bei, dass Lamm gefragt ist wie nie?. Die in der Erzeugergemeinschaft zusammengeschlossenen Schäfer hoffen, dass das Interesse an gesunden Lammfleisch nicht wieder nachlässt. Auch wenn sie nie und nimmer den ganzen Bedarf an Lammfleisch im Land werden decken können. Dazu reichen die rund 90 Betriebe, die sich der Aufzucht des Württemberger Schafs verschrieben haben, bei weitem nicht aus.
Vertrieben wird das Fleisch vom Württemberger Lamm vorrangig über die Edeka im südbadischen Offenburg. Sie sorgt dafür, dass Schulter, Rücken oder Keule in die von ihr belieferten 1200 Märkte kommt. Wenn solche Aktionen mit Edeka anstehen, werden 1000 Lämmer benötigt, die in der Regel im Alter von sechs Monaten geschlachtet werden. 43 bis 45 Kilogramm wiegt ein schlachtreifes Lamm. Beliefert werden mit dem Fleisch rund 1200 Edeka-Märkte im Südwesten.
Im Vorfeld der beworbenen Aktionswochen werden die Lämmer von den Schafhöfen geholt und nach Ebersbach gebracht. Dort werden sie gesammelt und noch gut umsorgt und gefüttert, bevor es dann im großen Transporter zum Schlachter nach Viernheim geht. Mit einer im Landkreis Göppingen bestehenden Schlachteinrichtung ist derzeit eine Zusammenarbeit nicht möglich, bedauern die Schafhalter.
Stolz sind die Lammfleisch-Produzenten über das Engagement der Lammkönigin. Mit Kerstin Wiedenmann-Riek aus Nattheim (Kreis Heidenheim) propagiert bereits die sechste Majestät für das Württemberger Lamm. Die Königinnen werden alle zwei Jahre gewählt. Die Bewerberinnen sollten aus einer Familie stammen, in der Schafe gehalten werden oder sollte eine ausgebildete Schäferin sein. Die Hoheiten absolvieren im Jahr etwa 20 repräsentative Auftritte. Die Erzeugergemeinschaft ist darüber hinaus noch aktiv, informiert auf Messen wie der „Slow Schaf“ in Münsingen oder beim Schäferlauf in Markgröningen. Allerdings nicht nur über das gute Fleisch, sondern auch über den Beruf des Schäfers. Der ist vom Aussterben bedroht, wenn es nicht gelingt, Nachwuchs zu gewinnen. Damit tun sich die Schäfer schwer, denn kaum ein junger Mensch will diese Verantwortung übernehmen. Denn ein Schäfer bindet sich an seine Herde, um die er sich das ganze Jahr kümmern muss. Dabei ist der Beruf vielfältig, denn ein Schäfer hütet nicht nur, er muss auch fit im Betriebsmanagement sein oder sich im Veterinärwesen auskennen.
In der ursprünglichen Umgebung der Schwäbischen Alb wachsen die Lämmer in den Herden auf, ernähren sich von heimischen Kräutern und Gräsern. Auf die artspezifische Haltung und das tiergerechte Aufwachsen achten die Schäfer sehr, denn sie knüpfen an das Württemberger Lamm traditionelle Werte, hohe Qualität und besten Genuss. Gründe genug, die Spezifikation für das Württemberger Lamm voranzutreiben. Geht es nach der Erzeugergemeinschaft, dann soll die Marke „Württemberger Lamm“ weiter gestärkt und mit einem EU-Siegel versehen werden.
Die Geschichte des Württemberger Schafs beginnt 1786. Damals trieben Schäfer von der Alb eine Herde von 120 Merino-Schafen, die sie in Spanien und Frankreichzusammengekauft hatten, ins Württembergische. Hier wurden in die bestehende Rasse eingekreuzt– vor allem, um daraus wertvolle Wolle zugewinnen, die die aufkommende Textilindustrie benötigte. Im Laufe der Jahre passten sich die Tiere immer mehr der Alblandschaft an und entwickelten sich zum Merinolandschaf, das auch als „Württemberger“ bezeichnet wird. Eine Rasse, die aber nicht nur im Ländle verbreitet ist, sondern auch in Bayern, Saarland oder in Rheinland-Pfalz, was mit den langen Wegstrecken zusammenhängt, die die Schäfer einst zurücklegten. Manch ein Schäfer unterwegs ein nettes Mädel kennengelernt und geheiratet. So tauchen heute noch die Namen bekannter Schäferfamilien aus dem Raum Göppingen im Bayerischen oder in der Pfalz auf.
www.wuerttemberger-lamm.de
2-2018
„Fleisch für Gourmets“
„Angusbeef ist das Fleisch für Gourmets“, sagt Metzgermeister Herbert Rapp aus Lonsingen. 1994, 14 Jahre nach Gründung seiner Metzgerei zusammen mit seiner Frau Eva, hat der umtriebige Älbler damit begonnen, seine ersten Angusrinder zu züchten. Rapp hatten die Rinder, die erstmals um 1870 in Ostschottland gezüchtet wurden, überzeugt, denn sie sind anspruchslos und trotzen extremen Wetterbedingungen. Letztere kann es auf der Alb durchaus geben. Dazu kommt, dass die zumeist schwarzen, hornlosen Tiere schnell wachsen und die Kühe ihre jungen alleine zur Welt bringen. Zudem zeichnen sich die Tiere durch ihre Friedfertigkeit aus und sind, weiß Rapp, anpassungsfähig und umgänglich.
„Unsere Angusrinder befinden sich von Anfang Mai bis Ende Oktober auf Wiesen und Weiden rund um Lonsingen. Während den Wintermonaten werden sie in unserem geräumigen luftigen Laufstall auf Stroh gehalten,“ erzählt Rapp, dessen Sohn Alexander und Tochter Diana ihre Prüfungen als Metzgermeister bereits erfolgreich abgeschlossen haben und mit ihrer Kompetenz in der Führung des Familienbetriebs tätig sind. „Als Futtermittel stehen unseren Angusrindern saftiges Gras und selbstgemachte Grünfutterreserven, wie Heu und Grassilage zur Verfügung.“ Rapps verweisen auf die besondere Fleischqualität ihrer Angus, was sie als Ergebnis ihrer erfolgreichen Zucht, der naturnahen Haltung und Fütterung sehen. Aber auch eine schonende Schlachtung und Verarbeitung in den eigenen Betriebsräumen in Lonsingen tragen dazu bei. Der Betrieb besitzt seit 2008 eine EG-Zulassung, als Schlacht-, Zerlege- und Verarbeitungsbetrieb. Moderne Produktionsanlagen sorgen für höchste Qualität in der Verarbeitung. Die Rapps stellen sämtliche Produkte und Spezialitäten am Standort in Lonsingen her. Von dort werden sie mit einem modernen Kühlfahrzeug in die Filialen nach Münsingen, Gomadingen, Bad Urach und Reutlingen gebracht.
www.metzgerei-rapp.de
2-2018
Von Natur aus robust
Text: Andrea Maier
Sie sind unbeschreiblich neugierig und können mit ihren großen Augen, die schwerer sind als ihr Gehirn, 360 Grad um sich und über 3500 Meter weit schauen. Die ursprünglich aus Asien stammenden Steppentiere rennen gerne, wenn es sein muss, 60 Kilometer in der Stunde. Bei rund 2.30 Meter Höhe ist ihre gefährlichste Waffe ihre Zehenkralle. Strauße sind klug, fressen eine Menge Kieselsteine und legen ein bis zwei Eier pro Woche, aber nur in den Sommermonaten. Dafür hat eines ihrer Eier die Masse von 30 Hühnereiern. In etwas über einer Stunde ist es weich gekocht.
„Die gehören doch nicht auf die Alb“, sagte Henrike Bosch, als ihr Mann Michael begeistert von Straußen erzählte und vorschlug, die riesigen Laufvögel zu züchten. „Die ersten zehn Jungtiere, die er probehalber gekauft hatte, überzeugten mich.“ Das war 2006, als das Ehepaar Bosch nach einer Alternative zu ihren Milchkühen suchten. Sie wollten unabhängig von den stark schwankenden Milchpreisen sein, nicht immer noch mehr Tiere melken müssen, um ein Auskommen zu haben. Heute fühlen sich rund 300 Strauße sichtlich wohl auf den Wiesen rund um den Lindenhof in Böhmenkirch. Ist es ihnen draußen zu warm oder zu kalt, laufen sie flugs auf ihren langen kraftvollen Beinen in die großen Offenställe, die gemütlich mit Stroh ausgelegt sind. Dort gibt es auch immer etwas vom ausschließlich selbst angebauten Getreide zu picken.
250 Kücken wachsen pro Jahr auf dem Hof auf. Mit einem halben Jahr sind sie geschlechtsreif, dann werden sie in Hennen- und Hähnegruppen gehalten. Strauße können bis zu 70 Jahre alt werden, auf dem Lindenhof erleben sie nur gut zwei Jahre. Dann werden sie von einem extra dafür ausgebildeten Straußenzüchter, ebenfalls auf der Alb, geschlachtet und von der Familie Bosch direkt vermarktet. „Sie leben bei uns ein kurzes, aber gutes Leben“, Henrike Bosch meint, was sie sagt. Das Wohl ihrer Tiere liegt den Boschs am Herzen. „Strauße sind von Natur aus robust“ erklärt Michael Bosch, „sie kommen mit dem Klima hier auf der Alb sehr gut zurecht, wir impfen sie nicht und geben keine Antibiotika.“ „Bei uns können sie viel rennen, das brauchen sie“, Henrike Bosch breitet die Arme aus und weist auf weite Weideflächen rundum. „Unsere Strauße leben in altersgleichen Gruppen, haben aber immer ein paar ältere Tiere dabei, von denen sie lernen können.“
In etwa einstündigen Führungen (auf Anfrage) bringt Henrike Bosch Kindern und Erwachsenen mit viel Fachwissen und ebenso viel Humor das außergewöhnliche Tier nahe. Sie lässt Eier anfassen, das Leder befühlen, Federn ertasten und kleine Häppchen vom Fleisch kosten. Im Straußenlädle auf dem Lindenhof gibt es fast alle Produkte von den Vögeln zu kaufen. Besonders gefragt ist das Fleisch. Ernährungsbewusste Feinschmecker, aber auch Menschen, die Diät halten, schätzen das dunkle, dem Rindfleisch ähnliche Fleisch. Es ist ausgesprochen fett- und cholesterinarm, weist niedrige Natrium- und hohe Eisengehalte auf. Und es schmeckt als Steak, Braten, Filet oder Wurst fein aromatisch.
www.bosch-lindenhof.de
2-2018
Saftig-zart mit starkem Geschmack
Fleisch und Wurst vom Albbüffel gelten als eine Spezialität in der Region. Metzger Failenschmid in St. Johann-Gächingen (Kreis Reutlingen) verarbeitet das Fleisch der Tiere, die Willi Wolf unweit der Metzgerei, auf den Weiden rund um Hohenstein züchtet. Aus bescheidenen Anfängen vor knapp 20 Jahren ist heute eine Marke geworden, die Kunden aus nah und fern zu schätzen wissen.
Zwei, die sich gefunden haben: Metzger Ludwig Failenschmid und Albbüffelzüchter Willi Wolf, der schwäbische Cowboy, treiben so manches um. Als Wolf damit begann, Büffel zu züchten, fand er in Failenschmid einen Partner, der bereit war, das gesunde Albbüffelfleisch zu verarbeiten und zu vermarkten. Die Vorteile des Albbüffelfleischs liegen von Failenschmid auf der Hand: es enthält weniger Fett und Cholesterin und ist kalorienärmer als Rindfleisch. Dafür enthält es einen höheren Anteil an Omega-Fettsäuren. „Albbüffelfleisch ist saftig-zart und besitzt einen kräftigen und gleichzeitig feinen Rindfleischgeschmack“, so der Albmetzger, der die Albbüffel schlachtet und Fleisch- und Wurstwaren in seinen Filialen verkauft. Neben Frischfleisch bietet die Metzgerei auch Maultaschen aus Albbüffel, die so genannten „Albbüffel-Göschle“. Im Programm sind außerdem Lyoner, Leberwurst, luftgetrockneter Schinken und viele weitere Spezialitäten.
Failenschmid und Wolf freuen sich über die inzwischen große Fangemeinde des Albbüffelfleischs. Allerdings kann es auch mal Engpässe geben, denn das Albbüffelfleisch steht nicht unbegrenzt zur Verfügung. Die Herde von Züchter Willi Wolf umfasst knapp 300 Tiere. Um diese Größe zu halten, können nur so viele Tiere abgegeben werden, wie der Büffel-Nachwuchs zulässt. Im Sommer weiden die Tiere auf den großen Weiden rund um Hohenstein und freuen sich nicht nur am frischen Gras. Die Tiere säubern auch die Schlehen- und Brombeerhecken, fressen Disteln und Brennnesseln. „Alles kein Problem für den Büffelmagen“, weiß Willi Wolf. Im Herbst, vor dem ersten Schnee, treibt der schwäbische Cowboy seine Herde in den großen Offenstall in Meidelstetten. Dort verbringen die Tiere die kalte Jahreszeit – ganz in der Nähe ihres Züchters.
Vorfahren der heutigen Büffel sind bereits vor 30 000 Jahren auf der schwäbischen Alb heimisch gewesen, hat Willi Wolf recherchiert und fand in Rumänien eine Büffelart, die für das raue Klima der Alb geeignet war. Mit einem Bullen namens „Attila“ und 40 Kühen aus Rumänien, legte er den Grundstein für seine Herde. Eine der intaktesten und gesündesten in Europa, die wie auch alle anderen Tiere auf seinem Hof, regelmäßig vom Veterinäramt kontrolliert werden.
Info: www.failenschmid.de, www.willi-wolf.de
2-2018
Direkt vom Jäger
Text: Andrea Maier
„Mehr Bio geht nicht“, sagt Karl Göbel aus Göppingen und zählt die Vorzüge heimischen Wildfleisches auf: „Wildbret ist fettarm und reich an Nähr- und Mineralstoffen. Da die wildlebenden Tiere nur natürliches Futter aufnehmen, ist ihr Fleisch frei von Medikamenten und künstlich zugeführten Hormonen. Das Wild wird in seiner natürlichen Umgebung erlegt, Transport- und Schlachtstress bleibt den Tieren erspart.“ Ende der 1980er Jahre verknüpfte der gelernte Metzger Karl Göbel seinen Beruf mit seinem Hobby, der Jagd, und füllte damit eine damals noch enge Nische im Lebensmittelmarkt. Die rasch wachsende Zahl seiner Kunden bestärkten seinen Unternehmergeist, Küchenchefs namhafter Restaurants und immer mehr Privatleute wünschten das frische Fleisch aus den Wäldern der Region. Nach der Freigabe wird das geschossene Tier fachmännisch zerlegt und in Göbels Wurstküche weiter verarbeitet und „veredelt“. Das bedeutet, dass Fachkräfte das Fleisch in Portionen teilen, Wurst, Pasteten, Sülzen, aber auch Soßen und sogar Gulasch, Ragout und Chili con Carne produzieren. Geräuchert, vakuumverpackt oder in Dosen werden die Produkte auf Märkten und Veranstaltungen verkauft, im Frische-Automaten bereit gelegt und in Präsentkörbe und Postpakete verpackt. Zwar locken klassische Wildgerichte vor allem im Herbst und Winter in Restaurants und an den heimischen Esstisch, doch Karl Göbel hat das ganze Jahr über Saison. Wildschwein- oder Hirschschinken harmonieren vorzüglich mit frischem Spargel, im Sommer gibt es marinierte Nacken-, Rücken- und Filetsteaks oder eine knusprige Wildschwein-Rote auf den Grill, mehrere Sorten Wild-Salami, Reh-Knacker, Sülzen und Pasteten munden eh das ganze Jahr über.
Info: www.direkt-vom-jaeger.de
2-2018
Mit Schwein zu Gold
Schweinefleisch ist manchmal besser als sein Ruf. Vor allem, wenn es aus der Region kommt. Das Stauferico-Schwein ist eine Delikatesse, die sich in der Spitzengastronomie und bei Fleischgourmets gleichermaßen einen Namen macht. Um eine bestmögliche Fleischqualität in Verbindung mit einer kontrollierbaren, regionalen Erzeugung zu erhalten hat die Mega, das Fach-Zentrum für die Metzgerei und Gastronomie in Stuttgart, schon vor Jahren den spanischen Ibérico-Eber mit Mutterschweinen der Rasse Deutsches Landschwein gekreuzt. Über Jahre wurde in jeder Generation erneut spanisches Blut eingekreuzt, so dass die Eber heute zu 99 Prozent Ibérico-Genetik in sich tragen. Die Stauferico-Schweine sind, angelehnt an ihre wildlebenden Verwandten in Spanien, äußerst vital und lebhaft. Die Tiere werden in ausgewählten bäuerlichen Familienbetrieben in Kleingruppen gehalten. Die eingesetzten Futtermittel sind rein pflanzlich und gentechnikfrei. Auf kurzen Transportwegen werden die Schweine in der ihnen bekannten Gruppe in den Göppinger Metzger-Schlachthof gebracht, wo sie vor der Schlachtung mindestens 24 Stunden lang zur Ruhe kommen und mit Wasser berieselt werden. Dies soll das Wohlbefinden der Tiere stärken. Sowohl die Schinken und Salamis, als auch das Frischfleisch werden regelmäßig von der DLG mit Gold ausgezeichnet. Die Mega ist genossenschaftlich orientiert und betreibt neben einem eigenen Schlachthof in Göppingen Cash & Carry-Märkte mit angeschlossenen Zustell-Lieferdiensten in Stuttgart (mit Abhollager in Göppingen und Nürtingen), Stockach am Bodensee, Dresden und Chemnitz.
Info: www.mega-stuttgart.de
2-2018
Zwetschgen für die Ziegen
Text: Andrea Maier
„Ziiiiegen, kommet!“ Braunschwarz gezeichnete Köpfe rucken in die Höhe, im Nu umringen 50 Bunte Deutsche Edelziegen Meike Jost. Die junge Bäuerin krault und zupft, verteilt Zwetschgen und kann von jedem Tier Geschichten erzählen.
„Riiiinder, kommet!“ Julian Schmidt geht in Richtung Hang. Sie stehen ganz unten und schauen bedächtig. Dann springen sie in großen Sätzen herauf. Kurz vor dem jungen Bauern bremsen die drei Zweijährigen ihre Kraft, prusten und stupsen ihn an. Lachend wirft Julian Schmidt eine Hand voll Getreideschrot ins Gras.
Nein, wir sind nicht im Streichelzoo. Wir sind auf den Weiden von Hof & Höfle in Ebersbach-Weiler (Kreis Göppingen). Mitten in dem kleinen Dorf, zwischen Albtrauf und Filstal, betreibt das junge Paar eine Landwirtschaft, die es in sich hat. Zehn Kühe und ihre Kälber tummeln sich auf der Obstwiese. Daneben weiden 50 Ziegen, am Ortsrand nochmal so viele Schafe, an den Hängen grasen die Rinder und im Hof vergrößern gerade vier stattliche Duroc-Schweine ihre Suhle. Neben den ganzjährig offenen Ställen ist die Käserei und der Hofladen, im Häuschen nebenan wohnen Meike Jost (31) und Julian Schmidt (29). Wer die Produktpalette liest, kann nur ahnen, wieviel Fleiß, frischer Mut, Durchhaltevermögen und jede Menge harte Arbeit hier notwendig sind.
An 365 Tagen im Jahr kümmert sich Meike Jost um die Ziegen und Schafe mit ihren Lämmern während Julian Schmidt für die Kühe, Kälber, Rinder und Schweine sorgt und die Äcker mit Getreide bestellt. Sie mähen, fahren Heu ein, pflegen die Stallungen und sorgen engagiert dafür, dass es den Nachbarn nicht stinkt. Zweimal täglich melkt Meike ihre Ziegen, aber erst, wenn deren Lämmer alt genug sind. „Klar haben wir dadurch weniger Ertrag, aber es ist besser für die Tiere.“
Die junge Frau stellt an zwei Tagen der Woche Joghurt, Quark und vielerlei köstlichsten Käse aus Ziegenmilch her. Weil sie Kuhmilch nicht verträgt, hielt sie schon als Jugendliche auf dem großelterlichen Hof Ziegen und machte sich aus deren Milch bekömmliche Alternativen. Nach der Lehre schloss die Jungbäuerin ein landwirtschaftliches Studium an und traf dort Julian. Sie im Enzkreis wollte nicht ohne ihre Ziegen, er an der Voralb nicht ohne seine Rinder. Also legten sie ihre Landwirtschaften über die Distanz hinweg zusammen und bewirtschaften sie seit 2012 unter strengen Bioland-Auflagen als Hof & Höfle. In Meikes Heimatort Tiefenbronn überwintern die jungen Ziegen und Schafe in Obhut von Vater Jost. Aus dem Käsekühlschrank dort können sich Kunden selbst bedienen.
Alles auf den beiden Höfen geschieht mit Achtung vor jedem Tier und den natürlichen Kreisläufen. Kein Gift in die Böden, viel Auslauf und nur selbst produziertes Futter für die Tiere. Geschlachtet wird erst, wenn genügend Kunden Fleisch bestellt haben. Dann fahren sie ihre Tiere selbst zum Metzger, der 20 Fahrminuten entfernt und ebenso Bioland-zertifiziert ist, und bleiben dabei bis der Schussbolzen sie tötet. „Alles vom Tier ist wertvoll“, deshalb packen sie „von allem etwas“ in die Fleischpakete. Sie werden oft gefragt: „Ihr esst Eure eigenen Tiere?“ „Ja. Wir wissen, wie jedes Tier gelebt hat und wir tun alles dafür, dass es ein gutes Leben ist.“
Info: www.hofundhoefle.de
2-2018
Rote Früchtchen
Die Gegend um Neidlingen zählt zu den größten Anbaugebieten von Kirschen in Deutschland. An mehr als 20 000 Bäumen hängen die roten Früchtchen.
Wenn die Kirschen reifen und rot an den Bäumen hängen, dann herrscht im Neidlinger Tal (Kreis Esslingen) Erntezeit. Die Früchte von mehr als 20 000 Obstbäumen wollen gepflückt sein. Was im Frühling noch als Blütenmeer die Menschen verzaubert, macht wenige Monate später richtig viel Arbeit. Die Kirschenernte ist aufwendig, da kann jeder Helfer gebraucht werden.
Dass Neidlingen und das benachbarte Hepsisau in Deutschland zu den größten Anbaugebieten von Kirschen gehört, kommt nicht von ungefähr. Die Hanglagen zur Alb hin mit den fruchtbaren Böden und guten klimatischen Bedingungen sind geradezu prädestiniert für die Kirschbäume. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde damit begonnen, im größeren Stil die Bäume zu setzen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Kirschanbau schon ein wichtiger Erwerbszweig für Neidlingen. In Hepsisau wurde in den 1930er Jahren sogar ein Kirschenmuttergarten angelegt. Hier wurden besonders gute Kirschsorten gepflanzt und die für die Region am besten geeigneten ausgewählt und weiter gezüchtet. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Kirschenernte in und um Neidlingen ihren Höhepunkt.
Die Kirsche gilt als wohlschmeckende Frucht, die gar in Liedern besungen und wegen ihres süßen Aromas gerühmt wird. Unter Alexander dem Großen haben Soldaten das rote Obst nach Griechenland und Italien gebracht, die Römer trugen sie später nach Mitteleuropa und ins heutige Deutschland. Zunähst kultivierten vor allem die Adligen in ihren Gärten den Kirschbaum. Später dann, als in der Gegend der Weinbau nichts mehr abwarf, setzte man auf den Obstanbau. Dabei stellte sich heraus, dass der Anbau von Kirschen in großem Stil nicht überall im Land möglich war. Schnell kristallisierten sich Schwerpunkte heraus.
Info: www.neidlingen.de
1-2018
Kornkammer Schwäbische Alb
Text: Bernhard Bürkle
Schroffe Felsen mit stattlichen Burgen und Schlössern obendrauf, lauschige Täler und endlose Wälder – das sind die Attribute, mit denen man die Landschaft der Schwäbischen Alb gemeinhin verbindet. Doch das bemerkenswerte Mittelgebirge hat weit mehr zu bieten. Die ausgedehnten Hochflächen galten bis in die 60-er Jahre als höchstgelegener Getreideanbau Mitteleuropas nördlich der Alpen und gehören noch heute zu den fruchtbarsten Regionen des Landes. Neben unendlichen Wiesen gedeihen hier nicht nur Kartoffeln und Besonderheiten wie z.B die Alblinsen, sondern auch sämtliche Getreidearten in namhaften Mengen. Die diesjährigen Wetterkapriolen machten den Landwirten allerdings in diesem Jahr schwer zu schaffen und „sorgten für Ernüchterung auf dem Mähdrescher“, so Ernst Buck, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Ulm-Ehingen. Dennoch aber können sich die Ernteerträge durchaus sehen lassen, Weizen, Gerste, Roggen und Hafer wie auch die alte Sorte Emmer gibt es reichlich für die zahlreichen Bäckereien und Brauereien der Region und auch die Fütterung der Nutztiere ist einmal mehr gewährleistet.
Die verschiedenen Mehlarten entstehen direkt vor Ort, beispielsweise in der Getreidemühle Luz, einem familiär geführten Mühlenbetrieb mit modernster Technik an einem traditionellen Mühlenstandort, nämlich in Münsingen-Buttenhausen an der Großen Lauter, also mitten im Herzen der Schwäbischen Alb und dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb. Als letzte aktive Mühle im Lautertal nutzt man hier auch heute noch die Wasserkraft und gewinnt daraus Strom zum Betrieb der modernen Mühle. „Durch die regionale Erzeugung und Verarbeitung schonen wir die Umwelt, denn vom Acker bis zu unseren Bäckereien sind es höchstens 50 Kilometer, wodurch Treibstoffverbrauch und CO2-Ausstoß so gering wie möglich gehalten werden“. Hier werden alle gängigen Typenmehle hergestellt, dazu Schrote, Vollkornprodukte und Hartweizengrieß für die Teigwarenherstellung sowie einige Besonderheiten, die sonst nirgendwo oder nur selten zu finden sind, etwa die Hausmarke „Albkorn“, das Musmehl für den traditionellen „Schwarzen Brei“ oder Emmer-Mehl, eine regionale Spezialität vor allem für Vollkorn-Backwaren.
Für die meisten Bäcker auf der Schwäbischen Alb steht der traditionelle handwerkliche Umgang mit diesem wertvollen, Jahrtausende alten Grundnahrungsmittel Mehl im Vordergrund. Kein Wunder, dass es hier – und nur hier – ganz außergewöhnliche regionale Spezialitäten gibt, wie zum Beispiel „Wäs“. Das ist quasi ein Test-Gebäck, mit dem in Backhäusern, die natürlich traditionell mit Reisig und Holz befeuert werden, die richtige Temperatur des gemauerten Ofens geprüft wird. Zweimal in der Woche wird das Backhaus von Jürgen Hoffmann, im Lautertal und nur ein paar Kilometer vom Hauptgeschäft in Münsingen gelegen, in aller Herrgottsfrühe in Betrieb genommen. Die wenigen, nur spärlich gewürzten Vorteig-Wäs erreichen jedoch nie die Ladentheken – weil sie von Einheimischen direkt aus dem Ofen gekauft werden. Und auch die dort gebackenen Holzofen-Brotlaibe teilen das bayerische Weißwurst-Schicksal und erleben zumeist nicht das Mittagsläuten.
Eine andere Spezialität nennt man hier „Dennete“ und beschreibt ein im Grunde recht einfaches Rezept aus Brotteig mit dünner, sahniger Auflage aus Zwiebeln und Speck… entfernt vergleichbar mit Flammkuchen. Diese Leckerei gibt es nur im Herbst und Winter und sollte – wie z.B. im Münsinger „Wirtshaus zum Älbler“ – möglichst frisch aus dem Holzbackofen genossen werden. Ebenfalls nur im Herbst gibt es allerorten natürlich Zwiebelkuchen aus heimischen Zutaten, traditionell mit neuem Wein oder frischem, süßem Most. Nicht saisonal, sondern ganzjährig beliebt ist auch das „Wurzelbrot“, eine von vielen Brot-Spezialitäten der Bäckerei Engler in Zwiefalten. Seit 1890 wird hier gebacken, und das teilweise noch heute nach Rezepten aus Großvaters Zeiten. Aber auch eigene Kreationen werden nur hier und in den externen Verkaufsstellen angeboten, z. B. „Schlangafanger“, knackige Körnerbrötchen mit etwas Karotten für mehr Feuchtigkeit im Teig. Oder „Mühlenwecken“, „Dinkelmehlsegler“, natürlich auch „Knauzen“, Seelen, Wäs… Als „Mühlenbäckerei“ schwört man auch im Hause Engler auf das echte „Albkornmehl“ aus Buttenhausen, aber auch andere Müller aus dem direkten Umkreis finden Berücksichtigung: Bauhofer aus Grundsheim, Fetzer aus Rottenacker oder die Dom-Mühle in Munderkingen. Neben dem Betrieb der Filialen in Hayingen und Obermarchtal fährt an drei Wochentagen auch noch der Engler’sche Brotwagen über Land und beliefert Kunden in kleineren Ortschaften – ein Service, der vor allem für die ältere, meist nicht motorisierte Bevölkerung von großer Bedeutung ist.
Info: Mühlenbäckerei Engler, Hauptstr. 40, Zwiefalten
2-2016
Quietschfidele Ferkeleien
Text: Andrea Maier
Die Massenproduktion von Fleisch gerät zunehmend in die Kritik. Vor allem die damit verbundene Tierhaltung ist immer mehr Verbrauchern ein Dorn im Auge. Andrea und Reinhard Wörz vom Linsenberghof in Hengen gehen seit Jahren andere Wege.Andrea und Reinhard Wörz haben sich auf ihrem Linsenberghof gegen Massenproduktion entschieden. Schritt für Schritt haben der Landwirt und die Schweinezüchterin in Urach-Hengen ihren Tierbestand verkleinert. Nun leben die Tiere in kleinen Gruppen in einem natürlich durchlüfteten Außenklimastall. Das Fleisch wird direkt an den Endverbraucher verkauft, anstatt an international agierende Großhändler. Besonders mit knusprig gebackenem Spanferkel hat sich Familie Wörz einen guten Namen gemacht. Seit sechs Jahren können Kunden und Gäste im Erlebnis-Schweinestall selbst sehen, wie die Tiere leben.
Aus dem Knäuel unter der Wärmelampe wuseln vier kleine Ferkel durch die Gitterstäbe in Richtung Mama. Die gut 200 Kilogramm mächtige Muttersau schläft. Damit sie ihre Jungen nicht erdrückt, können die durch die Gitter flitzen und es sich im „Kinderzimmer“ gemütlich machen. Die Kleinen schupsen und quietschen, bis auch ihre sechs Geschwister aufwachen und sogleich putzmunter mitmischen. „Etwa alle zwei Stunden wollen sie saugen“, erklärt Reinhard Wörz, während man vom Holzsteg über dem Stall durch dickes Glas in die verschiedenen Schweine-Gruppen schauen kann. Der direkte Kontakt mit den Tieren ist aus Hygienegründen nicht gestattet.
„Seit die Tiere im Außenklimastall mit mehr Freiraum gehalten werden, sind sie gesund und munter“, berichtet Reinhard Wörz. Frische Luft tut den Tieren gut. Da Schweine gerne warm ruhen, ist die Mitte des Gebäudes durch das Strohlager bestens vor Kälte und Hitze geschützt. Anstatt der in der Massenhaltung üblichen Spaltböden, haben die Tiere auf dem Linsenberghof Stroh eingestreut. Schweine sind ausgesprochen gesellige Tiere, doch hin und wieder will auch eines seine Ruhe haben - dafür hat Reinhard Wörz hier und da niedrige Wände gebastelt, hinter denen das Tier für sich sein kann. Auch die Kot-Plätze, die die überaus reinlichen Tiere am liebsten ungestört aufsuchen, sind mit einem Sichtschutz versehen.
Verständlich, dass auch der Besuchersteg nicht überall Einblick gewährt - Ruheplätze und Toilette sind tabu. Durch die Glasböden gut zu beobachten sind die verschiedenen Altersgruppen. Nach drei Monaten, drei Wochen und drei Tagen wirft eine Muttersau drei bis 20 Ferkel. Im so genannten Abferkelstall bleiben die Jungen fünf Wochen, dann werden sie 100 bis 150 Tage in Gruppen gehalten, bis sie schlachtreif, sprich etwa 150 Kilo schwer sind. Oberhaupt im Schweinestall ist der Eber, Vater der künftigen Ferkel. Da sich Schweine alles merken, sollte man sich mit ihm gut stellen. Ein Eber kann mit seinen enormen Hauern ohne Weiteres einen Menschen schwer verletzen. Andrea und Reinhard Wörz achten ihre Tiere, nur so können sie mit gutem Gewissen die berühmten knusprig gebackenen Spanferkel anbieten. „Jedes Stück Fleisch stammt von einem Lebewesen, dessen Geschichte der Mensch in der Hand hat.“
Info: www.albferkel.de
2-2016
Das Bier aus der Höhle
Text: Bernhard Bürkle
Es gibt Wirtschaften, da scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, da ist alles noch wie früher – das Essen, die Wirtsleut‘, das ganze Flair einer Ära, in der die Menschen noch Zeit hatten und keine Handys. Zeit für gutes Essen und gute Gespräche, Zeit für lebendige Diskussionen anstelle von nimmermüden Displays und anonymen „Apps“. Eine Wirtschaft, so wie früher, ist das „Rössle“ in Zwiefaltendorf, einer 500-Seelen-Gemeinde am Fuße der Schwäbischen Alb. Gemächlich zieht hier die junge Donau vorbei, den verdienten Feierabend verbringt man genießend in der einzigen Wirtschaft am Ort bei und mit der Wirtsfamilie Blank.
In der vierten Generation wird hier ein köstliches Bier gebraut und inzwischen auch Obst gepresst und Schnaps gebrannt. Man schrieb das Jahr 1878, als der Großvater des heutigen Seniorwirts gedachte, seinen Bierkeller zu vergrößern. Dabei brach plötzlich der Boden unter dem Pickel durch, und zum Vorschein kam eine Tropfsteinhöhle. Nicht sehr weitläufig zwar, doch immerhin begehbar ist dieser Hohlraum in der Tiefe, der heute wohl „die kleinste Schauhöhle Deutschlands“ ist, wie der Urenkel des Entdeckers Thomas Blank schmunzelnd erklärt. Mit interessierten Gästen aus nah und fern steigt er auf Wunsch hinunter in die Tiefe unter den Lagerkellern, wenn es die Zeit erlaubt. Aus noch größerer Unterwelt, nämlich aus 317 Metern Tiefe, direkt aus dem Karstgestein, kommt das Brauwasser, das für das Blank’sche Bier und seinen ausgezeichneten Geschmack mit verantwortlich ist.
Auch wenn es nicht so scheint in dieser Idylle, Zeit ist auch bei der Familie Blank knapp bemessen, wenn die Wirtschaft oben bis auf den letzten Platz gefüllt ist und alle eingespannt sind. Thomas Blank, ebenso Braumeister wie sein Vater Karl, bringt das Essen persönlich an die Tische, während die Mutter in der Küche echt schwäbische Spezialitäten zaubert, die es teilweise nur hier im Rössle gibt. Als junge Hauswirtschafterin war Ingrid Blank einst nach Zwiefaltendorf gekommen und hatte den Heiratsantrag von Karl Blank freudig angenommen. „Des war für mi wia a Lottogwenn“, strahlt Karl Blank noch heute mit leuchtenden Augen. Seine Frau könne einfach alles: kochen, die Bücher führen und bei Bedarf sogar englisch dolmetschen. Wobei die Haus-Spezialität „Gröschts“, ein köstliches Gebrät aus zerkleinerten Innereien, dann doch nur schwer zu beschreiben oder gar zu übersetzen sein dürfte.
„Eigentlich sind wir, also die ganze Familie, immer da für unsere Gäste“, sagt Thomas Blank. Vor allem die täglichen Stammgäste wissen das zu schätzen, schließlich gehen sie ja „zom Blank“ und nicht etwa „ins Rössle“. Hier ist man daheim, trifft die richtigen Leute und kann mit dem Wirt gemeinsam am Stammtisch über große und kleine Weltgeschehen palavern. Gebrannt und gebraut wird direkt neben den beiden Gasträumen, den häuslichen Schlummertrunk nimmt man also anschließend direkt von hier mit. „Bei den Blanks sitzt man wie im zweiten Wohnzimmer, wie sind hier quasi daheim“, schwärmen die Einheimischen, die hier gerne auch gemeinsam singen und musizieren. Und die vielen Wochenendgäste tun gut daran, rechtzeitig im Rössle zu reservieren, denn auch das Nebenzimmer ist nicht allzu groß. Wobei in der warmen Jahreszeit auch die gemütliche Holzterrasse direkt über dem Bach zur Donau schnell gefüllt ist. Essen und Getränke werden dort ganz einfach durch’s Fenster gereicht, Hundebesitzer schöpfen das frische,kühle Nass mit einem Eimerchen direkt in den bereitstehenden Napf. Fazit: Die Brauereiwirtschaft „zum Rössle“ ist immer ein lohnendes Ausflugsziel, eine Insel in der Zeit jenseits von „Fast Food“ und „Coffee to go“, eine angenehme Ruheoase – natürlich ohne Handy-Empfang…!
Info: www.brauerei-blank.de
3-2016
Prickeln auf der Zunge
Text: Andrea Maier
Im Herzen der Esslinger Altstadt wird seit 190 Jahren ein anregend prickelndes Getränk hergestellt. In mittelalterlichen Gewölbekellern reifen Schaumweine, hergestellt aus hochwertigen Weinen in traditionellem Verfahren. Nicht nur zum Jahreswechsel wird mit Kessler-Sekt angestoßen. Das Haus Kessler zählt zu den wenigen Sektkellereien Deutschlands, die ihren Ursprung tatsächlich in der Champagne haben. Als Teilhaber und Direktor eines der berühmtesten Champagnerhäuser Frankreichs sammelte Georg Christian von Kessler profundes Wissen und wertvolle Erfahrung. Am 1. Juli 1826 gründete er in Esslingen die heute älteste Sektkellerei Deutschlands. Der ehemalige Speyrer Pfleghof ist seit dem Gründungstag Firmensitz und zugleich eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Durch seine hohen Qualitätsansprüche wies der junge Kaufmann von Kessler neue Wege im Weinanbau und wirkte maßgeblich an der Industrialisierung Württembergs mit. Die Besinnung auf Werte wie die Qualität der verwendeten Grundweine, aber auch der (in Teilen noch heute Hand-) Arbeit, die der Gründer seiner Zeit zum Maßstab erklärte, trug das Unternehmen selbst durch schwierige Zeiten.
Das Firmengelände, direkt am Marktplatz, prägt mit seinen historischen Gebäuden die Innenstadt. Es ist für die Esslinger und ihre Gäste eine lieb gewonnene Tradition, unter dem Motto „Sekt in the City“, nach dem Wochenmarkt noch im Kesler-Karree auf ein Glas Sekt oder einen Kaffee vorbei zu schauen. In geführten Kellereibesichtigungen können Besucher tiefer eintauchen in die Geschichte der Sektherstellung am Neckar. In einem Labyrinth aus zwölf miteinander verbundenen Gewölbekellern lagern zigtausend Flaschen im Schutz der Dunkelheit, kopfüber in Rüttelpulten. Wie schon vor 190 Jahren rütteln und drehen geschulte Mitarbeiter des Kellermeisters die Flaschen teils von Hand, um den optimalen Reifeprozess zu gewährleisten.
Was rundherum wie schmutzige Spinnweben in den Gewölben hängt, ist ein Pilz, „das schwarze Kellertuch“. Still und leise wandelt der biologische Helfer Alkohol in Sauerstoff, folglich ist die Raumluft nicht nur konstant kühl sondern auch besonders rein. In den Anfängen der Flaschenlagerung explodierten noch rund die Hälfte der Glaskörper durch den gut sechs Bar hohen Gärungsdruck, der Alkoholgehalt der Luft war wesentlich höher und das „Schwarze Kellertuch“ hatte viel zu tun. Heute sind die Glasflaschen stabil und der Pilz langweilt sich. Je nach Cuvée reifen die Weine bis zu 30 Monaten. Hier entwickeln sie ihre Aromen und die Perlage, die das lustige Kitzeln an Zunge und Gaumen ausmacht. Am Ende des Prozesses wird jede Flasche degorgiert, sprich: der Satz aus Hefe und Trübstoffen, der sich beim sorgfältigen Rütteln im Flaschenhals abgelagert hat, wird herauskatapultiert. Nun erst wird der Naturkorken eingedreht. Nach einigen Jahren der Krise hat die Orientierung „zurück zu den Ursprüngen“ und die gelingende Verbindung alter Tradition mit modernem Lebensgefühl Kessler-Sekt wieder nach vorne gebracht. Mehr als eine Million Flaschen Sekt werden jährlich verkauft. Rund 30 Mitarbeitende tragen zu diesem Erfolg bei.
Info: www.kessler-sekt.de
3-2016
Total vernudelt
Text: Kristen Oechsner
Der Schwabe ist ein ausgesprochener Teigwaren-Fan. Im Jahresverbrauch steht er den Pasta-Fans aus Italien kaum nach: Dort werden durchschnittlich etwa 30 Kilo pro Person gegessen, im Ländle sind’s 25. Kein Wunder, dass auch die Nudelhersteller vorwiegend im Südwesten von Deutschland angesiedelt sind. Die Teigwaren von der Alb stehen den Italienischen in nichts nach. Dieser Überzeugung ist jedenfalls Markus Tress: „Klar können wir qualitativ gegen sie bestehen.“ Er ist Geschäftsführer von Tress-Nudeln, 1969 von Vater Franz Tress gegründet. 90 Mitarbeiter produzieren in Münsingen (Kreis Reutlingen) jährlich 11 000 Tonnen T Teigwaren. Hauptabsatzgebiet ist Baden-Württemberg, gekauft werden die Teigwaren in ganz Deutschland. Ein hart umkämpfter Markt, zumal Spätzle und Nudeln nicht neu erfunden werden können. Aber es gibt Möglichkeiten, innovative Wege einzuschlagen: „Man muss sich nach den Ernährungstrends auch außerhalb der Nudelsparte und in anderen Kulturen umschauen“, erklärt Markus Tress. So werden Haushalte kleiner – der Entwicklung wird Tress mit „Original Hausmacher“-Nudeln in der 250-Gramm-Packung gerecht. One-Pot-Gerichte boomen derzeit regelrecht, bei Tress gibt’s seit neustem das schwäbische Leibgericht Linsen und Spätzle in einer Packung.
Großes Thema ist die gesunde Ernährung: Um Nudelprodukte aus Dinkel kommt in diesem Zusammenhang kaum noch ein Hersteller herum. Ein regelrechten Hype existiert laut Matthias Klumpp, Marketing-Chef von Alb-Gold in Trochtelfingen (Kreis Reutlingen) derzeit bei Produkten aus alternativen Rohstoffen: „Es geht um proteinreiche und möglichst weizenarme beziehungsweise kohlenhydratreduzierte Kost“. Die entsprechenden Neuheiten hat das von Irmgard Freidler gemeinsam mit den Söhnen Oliver und André geführte Familienunternehmen aus Trochtelfingen auf der Anuga, der weltgrößten Food Messe vorgestellt. „Asia-Küche mit heimatlicher Note“ heißt das Motto bei den Bio-Mie-Noodles, die aus Dinkel und Buchweizen bestehen – sie lassen sich schnell und einfach zubereiten und sind sehr vielseitig verwendbar. Und das Beste: Sie sind fettarm, ohne künstliche Zusatzstoffe und werden in einem besonderen Verfahren ohne Wasserdampf hergestellt. Die Produktlinie „Fit’n‘Free“ aus alternativen Rohstoffen wurde jüngst um Makkronellis aus Gelber Erbse und Sorghum sowie Penne aus Gelber Linse und Kastanie erweitert. Alb Gold wurde 1968 als Hühnerfarm
gegründet und startete 1977 mit der Nudelproduktion. Heute ist die Alb-Gold-Gruppe, zusammen mit den Tochterunternehmen Teigwaren Riese und der Firma Spaichinger „Nudelmacher“ einer der führenden Nudelhersteller Deutschlands. In der Unternehmensgruppe sind rund 400 Mitarbeiter beschäftigt und es wird ein Jahresumsatz von rund 90 Millionen Euro erwirtschaftet.
Die Nudelmacher-Familie Schaut aus Andelfingen (Kreis Biberach) verkauft die eigenen hochwertige Teigwaren vor allem im eigenen Ladengeschäft, ausgewählten Hofläden und Feinkostgeschäften - vorwiegend im süddeutschen Raum, aber inzwischen auch in Hessen. Die Produkte aus der eigenen Landwirtschaft werden so eng wie möglich mit der Nudelmanufaktur verzahnt, das Leitbild „Zeit für das B’sondere“ zieht sich vom Anbau der Rohstoffe bis zur handwerklichen Nudelherstellung hin. So werden die Eier aus dem Kloster Obermarchtal mit der Hand aufgeschlagen, die Spaghetti luftgetrocknet und die Produkte ebenfalls in Handarbeit verpackt. „In der Region für die Region“, beschreibt Sabine Schaut die Philosophie des Familienunternehmens. Spitzenqualität und Regionalität, ein direkter Bezug zu den Produzenten der erlesenen Rohstoffe und Nachhaltigkeit sind Werte, die den Nudelherstellern aus der Region wichtig sind. Kein Wunder, gilt die Schwäbische Alb doch als Heimat des deutschen Nudelhandwerks.
Info: www.albgold.de, www.tress.de, www.schauts.de
3-2017
Die Kraft der Kräuter
Text: Andrea Maier
„Pflanzen zeigen ihre Kraft“, sagt Gerda Sautter aus Beuren. Die ausgebildete Gärtnerin weiß, wovon sie spricht. Die kennt sich vor allem bei Kräutern aus. Schon als Kind bekam sie mit, welchen Zweck Blüten und Blätter wilder Pflanzen erfüllen. Kräuter sammeln gehörte zum Alltag der sechs Kinder auf dem Hohenloh'schen Bauernhof. Vom Frühjahr bis weit in den Herbst gab die Mutter an, welche Pflanzen gesammelt werden. Der Vater, ein erfahrener Landwirt, erklärte das komplexe Zusammenspiel von Boden, Licht, Wasser und Pflanze. Die Älteren zeigten den Jüngeren die besten Sammelplätze und die kleine Gerda verstand immer besser, wieso sie das eine Kraut hier, ein anderes eher dort finden konnte. Eine große Kanne Tee aus den gesammelten Kräutern stand das ganze Jahr über, noch vor dem Frühstück, für alle bereit. Wer erkältet war, trank eine spezielle Teemischung, wer eine Wunde hatte, bekam eine selbstgemachte Salbe aufgetragen und wer von einem Insektenstich geplagt wurde, band sich gekaute Spitzwegerichblätter auf die juckende Stelle. Kräuter gehörten wie selbstverständlich zum Alltag.
Gerda Sautter schlendert über die Wiesen am Engelberg, unweit von Beuren, unterhalb der Burg Hohenneuffen. Die Sonne scheint auf den nicht gemähten Hang. Ganz nebenbei erläutert sie Bodenbeschaffenheit und Klima, leitet aus Wuchsort, Form und Farbe die Wirksamkeit des ein und anderen Krautes ab. „Das Johanniskraut hat Blüten wie kleine Sonnen, es sammelt Licht und Wärme.“ Daher hilft es an dunklen Tagen, wenn wir bedrückt sind oder traurig. „Pflanzen zeigen ihre Kraft.“ Gerda Sautter, ausgebildete Gärtnerin, beruft sich auf die Signaturenlehre, der schon Hildegard von Bingen folgte. (Die Signaturenlehre beschreibt Zeichen in der Natur, die auf Ähnlichkeiten, Verwandtschaften und innere Zusammenhänge hinweisen. Anm. d. Red.) Kaum ein Schritt, bei dem die achtsame Kräuterfachfrau nicht auf die Schönheit einer Blüte, den bemerkenswerten Wuchs oder die Seltenheit einer Pflanze hinweist.
Im heimischen Garten serviert sie Tee und frisches Brot. Statt Wurst und Käse gibt es Kräuterbutter, Pesto, Blätter, Blüten und Samen. Salbei, Borretsch, Kapuzinerkresse, Brennnessel, Luzerne und viele andere sind reich an Proteinen, Spurenelementen und Vitaminen. „Und erst das Aroma!“ Vergnügt beobachtet Gerda Sautter die Überraschung, die sich bei ihren Gästen einstellt, wenn sie Blätter, Knospen und Blüten kosten. Die brillante Schärfe der Samenkapsel, das pfefferige Aroma der Blüte, der feine Geschmack der Knospen - wundervoll.
Der wache Blick für Kräuter wurde Gerda Sautter sozusagen in die Wiege gelegt – ihr Interesse an Pflanzen, ihren Wirkungen auf Mensch und Tier, vor allem aber ihre Bereicherung der Ernährung, ist mit den Jahren gewachsen. Alte und neue Bücher, Fachzeitschriften, Rezepte – sie liest und sammelt alles, was ihr sinnvoll erscheint. Altes Klosterwissen und neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft kommen bei Gerda Sautter zusammen. Sie tauscht sich mit anderen Kräuterkundigen aus und gibt ihr Wissen begeistert weiter. Eine besondere Gabe hat sie für's Geschichten erzählen: Zu vielen Kräutern kennt sie Legenden, Märchen und Sagen, weiß um alte Sitten und Gebräuche.
Seit Jahren ist Gerda Sautter mit ihrem enormen Wissen eine der charmanten Gästeführerinnen der „Schwäbischen Landpartie“, in verschiedenen Bildungsstätten gibt sie Kurse, hält Vorträge und inspiriert mit Anregungen für die feine Kräuterküche. Nach dem Motto des griechischen Arztes Hippokrates „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein und eure Heilmittel eure Nahrungsmittel“ plädiert sie für die Ergänzung des Gartengemüses mit Wildkräutern oder für komplette Wildgemüsegerichte. „Auch Spitzenköche haben die Aromen der Wildkräuter entdeckt, damit kommen sie in aller Munde,“ freut sie sich und streut genüsslich Brennnesselsamen aufs Butterbrot.
Info: www.schwäbische-landpartie.de
2-2016