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Von Textil geprägt

Text: Kristen Oechsner

Die Schwäbische Alb, einst Hochburg der Textilindustrie, ist auch nach deren Niedergang von textilen Strukturen geprägt: Weil sich alt eingesessene Unternehmen neu aufgestellt haben oder innovative Textiler neue Wege gegangen sind.
Es stand kein Business-Plan dahinter“, blickt Veronika Kraiser auf ihren Start in die Selbstständigkeit „ganz im Kleinen“ zurück. Die Bekleidungsschneiderin und junge Mutter zweier Söhne hatte Auftragsarbeiten gefertigt: 1995 präsentierte sie ihre eigene Family-Kollektion aus nachhaltigen Webstoffen auf einer Messe. „Und dann hat sich eines ums andere ergeben, ich war zur richtigen Zeit am richtigen Platz und bin immer noch selbst überrascht, wie gut alles gelaufen ist.“ Veronika Kraiser hat sich inzwischen mit „Flomax“ einen Namen in ganz Deutschland, ihre regionale, nachhaltige und ökologisch hergestellte Strickmode wird im kleinen Albdorf Gächingen genäht. Veronika Kraiser ist der Kreativ-Kopf von „Flomax“: „Man muss immer wieder über den Tellerrand hinausschauen und stets offen für alles sein.“ Die Freude an der Arbeit sei der Schlüssel zum Erfolg: „Ich habe noch keinen Tag nicht gerne gearbeitet“, gibt sie zu.
Mode ist auch die große Leidenschaft von Dennis  Dean Fischer. Dean Fischer, mit seinen 27 Jahren hat der „total textilaffine“ Maß- und Modeschneider bereits viele Höhen und Tiefen hinter sich: Mit 22 Jahren hatte er eine Lohnnäherei in Pfullingen übernommen, die vor zweieinhalb Jahren in die Krise schlitterte. In letzter Sekunde kam die Rettung, meldete Fischer das Gewerbe erneut an und stellte einen Teil der Mitarbeiter wieder ein. Seither ist die Lohnnäherei vor allem im Bereich der Kinderkleidung sein „Brot-und-Butter-Geschäft“. Gleichzeitig hat sich Fischer mit Dean Living ein zweites Standbein aufgebaut, doch nicht im seiner Ansicht nach übersättigten Bekleidungsmarkt: der staatlich anerkannte Modedesigner fertigt hochwertige Wohnaccessoires. „Ich lege Wert auf Liebe zum Detail, Nachhaltigkeit und Qualität.“ Eine Haute Couture-Manufaktur in Paris fertigt Stoffe nach seinem Design, die dann in Kombination mit Leder in seiner eigenen Näherei konfektioniert werden. Die Kollektionen sollen nach und nach erweitert werden: „Wir machen auch Einzelanfertigungen, gehen sogar zum Kunden nach Hause“, erklärt der Jung-Unternehmer und zieht nach fünf Jahren emotionaler Berg- und Talfahrt Bilanz. „Kein Studium hätte mir beibringen könne, was ich in dieser Zeit gelernt habe.“

Klein, fein und hochwertig zu arbeiten ist auch das Ziel von Nadja Antichi, die mit ihrer nachhaltigen Dessous- und Lingerie-Kollektion eines beweist: „Die Produkte sind alles andere als altbacken und unbequem, sondern flott, modern und zeitgemäß.“ Der Verkaufsstar von Antichi Fair Fashion ist ein Nachthemd aus Biobaumwolle, komplett regional auf der Schwäbischen Alb hergestellt. 2003 hatte sich die Modedesignerin selbstständig gemacht, nach einer Familienpause ist sie als „Frau für alles“ wieder durchgestartet: Nadja Antichi ist ihre eigene Einkäuferin und für den Vertrieb verantwortlich, kümmert sich um die Werbung, ist auf Messen präsent und designt selbstverständlich ihre beiden jährlichen Kollektionen selbst. „Noch bin ich dabei, ein Netzwerk aufzubauen“, erklärt die Reutlingerin. „Aber es schaut gut aus“, blickt sie zuversichtlich in die Zukunft. „Nächstes Jahr werde ich einen Arbeitsplatz wenigstens in Teilzeit anbieten können.“
www.flomax.de, www.avocadostore.de,
www.deanliving.de
2-2019

 

 

Alles passgenau



Text: Andrea Maier

Der langen Tradition von Textilherstellung und -handel entlang der Schwäbischen Alb folgend, trifft man in Köngen (Kreis Esslingen) auf die Maier Sports GmbH. Leise, eher unauffällig hat sich das Unternehmen seinen festen Platz in der ständig wachsenden Outdoor-Branche mit eindeutigen Schwerpunkten erarbeitet.

1938 gründete Immanuel Maier in Köngen eine Textil-Fabrik. Einer seiner Söhne, Gerhard Maier, übernahm 1970 die Geschäftsführung und fokussierte das Unternehmen mit Erfolg auf die damaligen Trendsportarten Tennis und Ski. Zug um Zug nutzte Maier die jahrzehntelange Erfahrung in der Herstellung funktionaler Bekleidung für die Anforderungen der aufkommenden Outdoor-Branche und expandierte. Dem rasant aufstrebenden, hart umkämpften Outdoor-Markt folgend, wollten viele alles bedienen und verzettelten sich. Bei Maier Sport besann man sich auf das, was Bestand hat: auf die Verwurzelung in der schwäbischen Region und Tradition.

„Was funktionieren soll, muss passen“, so lautet das Credo bei Maier Sports, auch nachdem 2012 Gerhard Maier die Verantwortung für sein Lebenswerk in die Hände des Geschäftsführer-Trios Simone Mayer, Lothar Baisch und Tanja Kohler übergab. Die Passgenauigkeit jedes Maier-Sports-Produktes rückte in den Vordergrund und gilt als einzigartig in der Branche. „Nur was mir wirklich gut passt, passt auch wirklich gut zu mir“, bringt Marketingleiter Stefan Taft den Leitgedanken auf den Punkt. „Daher sind beispielsweise unsere Hosen in über 60 Größen zu haben.“

Die perfekte Passform gilt in dem Unternehmen, das in den 1980er Jahren seine Produktion zuerst ins europäische Ausland, später in die Türkei und nach China auslagerte, auch als Garant für Nachhaltigkeit. „In der Produktion ebenso wie bei unseren Kunden.“ Die Verantwortung für Mensch und Natur, so Geschäftsführer Lothar Baisch, liege Maier Sports nicht erst am Herzen, „seit es modern ist.“ Die schwäbische Eigenheit der Sparsamkeit komme ebenso zum Tragen wie das Bewusstsein für die hohe Bedeutung eines guten (Arbeits-)Klimas. So sei es selbstverständlich, dass auch bei den Tochterfirmen in China und der Türkei faire Arbeitsbedingungen gelten. Als einer der ersten Outdoor-Bekleidungshersteller wagte Maier Sports den 2014 noch wagemutigen Weg in die PFC-freie Stoffproduktion. „Wir mussten ein paar Runden drehen und für wasser- und schmutzabweisende Stoffe, die gleichzeitig ein angenehmes Tragegefühl bieten, auf  einsamen Wegen experimentieren, doch seit 2018 sind alle unsere Produkte konsequent frei von PFC (per- und polyfluorierte Chemikalien).

Die Kundschaft belohnt das Maier Sports-Konzept mit großer Nachfrage. So musste erst kürzlich das Lager im Stammhaus Köngen nach Mitteldeutschland verlegt werden – es wurde „daheim“ deutlich zu eng.

www.maier-sports.com

2-2019

 

 

 

Mit der „Bucki“-Hose fing’s an

Text: Andrea Maier

Jürgen Buckenmaier, der 1978 das Schorndorfer Modeunternehmen „Riani“ gründete und für sein Lebenswerk mit der Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde, ist voller Elan. Jeden Morgen nimmt er die Treppe zu seinem Büro in der zweiten Etage - mit seinen 80 Jahren könnte er ungeniert den Aufzug nehmen.

Wer in die hellwachen Augen von Jürgen Buckenmaier schaut, dem sportlichen Mann gegenübersteht, glaubt kaum, dass er bereits 1939 in Cannstatt geboren wurde. Es ist zu ahnen, dass es nicht immer einfach war, in diesen acht Jahrzehnten. Es ist spürbar, dass die Freude an dem, was er tut, ihn so jung und aktiv hält. Jürgen und sein Bruder wuchsen ohne Vater auf, der war an der Front und kam „krank und in Lumpen“ zurück, als seine Jungs schon acht und zehn Jahre alt waren. Dank der resoluten Mutter, die nicht nur die Kinder alleine durch Krieg und Not brachte, sondern auch einen Textilhandel in Schorndorf aufgebaut hatte, bewältigte die Familie diese schwierige Zeit.

Mit 18 ging Jürgen Buckenmaier in einem Stuttgarter Textilunternehmen in die Lehre zum Einzelhändler. Anschließend lernte er in einer großen Weberei „alles über Garne, Wirkerei, Weberei und Druckerei“. Er reiste nach Frankreich und Italien, war dabei, wenn neue Dessins entwickelt wurden und übernahm schon bald den Außendienst für Baden-Württemberg. Er spürte, dass der Markt hierzulande bereit war und erfand die „Bucki“-Hose. „Erfinden ist übertrieben,“ winkt er ab. „Die Form hab' ich bei der Band „Abba“ abgeguckt. Die Sängerinnen hatten so tolle Hosen an.“ In die Schließe am Gürtel ließ er, dem Flower-Power-Zeitgeist der 70er folgend, Blümchen einarbeiten und – landete einen Volltreffer. Die Hose, die er nach seinem Spitznamen „Bucki“ benannte und in vier Farben anbot, wurde weit über 100 000 Mal verkauft. In Plüderhausen und Heilbronn wurde produziert.

Warum nicht eine Bluse zur Hose und einen passenden Blazer dazu? Aus seinen Ideen wurden Kleidungsstücke für die moderne Frau.“Bucki'“passte nicht mehr, so entstand 1978 die Marke „Riani“, die Buckenmaier rasch zum Premium-Label entwickelte. Heute führen seine Frau Martina und seine Tochter Mona Buckenmaier die Geschäfte, während er sich um die Finanzen, die Dessins und die Produktion kümmert, die längst in mehrere europäische Länder ausgelagert ist. „Es ist wunderbar für mich, dass ich in diesem Team, mit all den jungen kreativen Leuten, etwas bewirken kann!“ Er könne von den Jungen sehr viel lernen, sagt er und meint es so. Dass von den rund 120 Mitarbeitern am Firmensitz Schorndorf 95 Prozent weiblich sind, ist nicht nur der Branche geschuldet. „Ich bewundere an Frauen, was sie alles schaffen, auch neben der Arbeit noch, und dabei sehr kreativ sind.“ Um diese Wertschätzung tagtäglich zum Ausdruck zu bringen, bietet Familie Buckenmaier ihrem Team allerlei Annehmlichkeiten bis hin zum hauseigenen Spa-Bereich. „Partnerschaft muss innerhalb und nach außen stimmen.“ Die angesagten „Riani“- Stores in Schorndorf, München, auf Sylt und in Münster zeigen, dass Frauen, egal welcher Größe oder Alters, gerne die Mode kaufen, die das Riani-Team, umgeben von wunderschönen Weinbergen, kreiert.

www.riani.com

2-2019

 

 

 

 

Mehr als Garn

 

Text: Andrea Maier

Studio Yarn in Geislingen ist ein Unternehmen, in dem zukunftsträchtige Ideen und kreative Handarbeit Raum und Material finden.

Carlos Lopez schaut sich strahlend um: „Helle hohe Räume, das brauchen wir.“ Tageslicht, um Farben unverfälscht erkennen und beurteilen zu können und ausreichend Platz für die derzeit fünf Mitarbeiter und drei Maschinen des kleinen, mutigen Unternehmens Studio Yarn.

Erst vor kurzem haben Carlos Lopez und seine Frau und Geschäftspartnerin Gabriele die Räume in Geislingen bezogen. Rund herum surren und klappern Maschinen. An einer werden blitzschnell Knäuel in mannigfaltigen Farben und Materialien gewickelt, an der anderen steht Carlos Lopez und erklärt: „Hier wird aus Wolle, Baumwolle, Seide oder Kunstfasern Garn in ganz unterschiedlichen Zusammensetzungen gesponnen.“ Der Clou: Es können aus zehn Grundfarben beliebig viele Garnfarben hergestellt werden - ohne zu färben - und Materialverläufe und Strukturverläufe und … Eine Zaubermaschine? „Ja!“

Carlos Lopez wuchs in Quito, der Hauptstadt Ecuadors auf. Seine Eltern führen dort ein Wolle- und Garnfachgeschäft. Als Kind schaute sich Carlos die bunten Kataloge an. Weil auch deutsche Fachblätter dabei waren, lernte er seine ersten deutschen Worte. Er besuchte die deutsche Schule in Quito und lernte während eines Schüleraustauschs Süddeutschland kennen. Nach seinem Abitur kam er an die Hochschule in Nürtingen und studierte Internationales Finanzwesen. Seine heutige Frau und Mutter ihrer beiden Kinder studierte ebenso dort, sie ist Master of International Business. Verwurzelt in der Textiltradition seiner Familie, geprägt vom in Ecuador weit verbreiteten Handarbeiten, entdeckt er Stück für Stück die beinahe verloren gegangene, jahrhundertealte Textiltradition in Süddeutschland. „Garne und Wolle gehören hier her“, bekräftigt er.

2013 gründete das Ehepaar ihr kleines Unternehmen Studio Yarn in der alten Tuchfabrik Ebersbach. Unter der Mitwirkung von Carlos Lopez wurde eine Spinnmaschine entwickelt, mit der möglich ist, was zur Zeit in aller Munde ist: Nachaltige Produktion. „Aus verschiedenen Fasern Garne gesponnen, das haben Menschen schon vor vielen Tausend Jahren, das brauchen wir nicht neu zu erfinden“, erläutert er. Doch, um der schnelllebigen Modebranche und möglichst vielen individuellen Bedürfnissen der Menschen, die stricken, häkeln oder weben, gerecht zu werden, setzt er auf Flexibilität. „Mit unseren Maschinen können wir spontan Kundenwünsche erfüllen. Wir nehmen Materialien, Farben, Strukturen, die es gibt und mixen sie zu genau dem, was unsere Kunden suchen.“ Der Ansatz scheint zu funktionieren: vom extrovertierten Designer-Lable in Frankreich über traditionelle Tweed-Produktionen in England bis hin zu Strickerinnen und Häkler aus der Nachbarschaft – der Kundenkreis ist so mannigfaltig, wie das Angebot.

www.studioyarn.com

2-2019

 

 

 

Gekrönte Freundschaft

 

Text: Andrea Maier

Blau blühender Flachs wiegte einst auf weiten Feldern über große Teile der Albhochfläche. Robust hielt die hübsche Pflanze der rauen Kargheit stand. Die Menschen waren spätestens seit dem Mittelalter darauf spezialisiert, Flachs zu verarbeiten. Besonders Laichingen war weithin bekannt für hochwertige Tisch- und Bettwäsche, die über Jahrhunderte zum Stolz jedes Haushaltes - und damit in jede Aussteuer - gehörte.

Bunt, pflegeleicht, billig und immer das Neueste – das war es, was die Kundschaft in den aufstrebenden 1950/60er Jahren wollte. Die langlebige Qualität, auf die Laichinger Leinenweber 30 Jahre Garantie gaben, das edle Weiß, die aufwendigen Stickereien, all das galt als altmodisch. Inmitten des Wirtschaftswunders, mussten daher die meisten Textilbetriebe auf der Alb ihr „Fabrikle“ schließen.

Sieben Laichinger Wäschefabrikanten gingen einen anderen Weg. Die ehemaligen Konkurrenten Frank, Graser, Groß, Näher und nochmal Näher, Schaufler und Schwenkglenks schlossen sich 1968 als „Wäschekrone – Vereinigte Webereien und Wäschefabriken GmbH & Co KG“ zu einem Betrieb zusammen. Einige Jahre zuvor hatten sie bereits den Vertrieb ihrer Waren gemeinsam organisiert. Die sieben Firmen stellten jeweils einen Geschäftsführer. Freundschaft als Grundlage einer Erfolgsgeschichte.

Frühzeitig erkannten sie, dass ihre Qualitätswäsche ideal für die Anforderungen von Hoteliers und Gastronomen geeignet war und bauten diesen Bereich vorausschauend aus – heute werden in diesem Marktsegment 95 Prozent des Umsatzes erzielt. Mit rund 90 Mitarbeiter am Laichinger Standort zählt „Wäschekrone“ zu den bedeutendsten Anbietern von Profi-Wäsche. „Hier auf der Alb ist unsere Tradition und damit unsere Kompetenz gewachsen.“  

Hans Werner Groß ist seit 1995 alleiniger Geschäftsführer. Er schätzt die Textiltradition in seiner Heimatregion hoch. „Nachhaltiges Wirtschaften braucht man einem Schwaben nicht empfehlen, wir sind damit aufgewachsen.“ Schon als Bub ging er mit Besuchergruppen durch die verschiedenen Produktionsstätten in Laichingen - die ehemaligen Betriebsgebäude der Gesellschafter. Seit 2002 ist er einer von noch vier Gesellschaftern, die übrigens alle Kinder von Gründungsmitgliedern sind. „Das man sich so lange und so gut kennt, hilft meistens“, lacht er und empfiehlt, nicht ohne Stolz, eine Betriebsführung. Im energieeffizienten Neubau werden alle nur vorstellbaren Größen und Formen zugeschnitten, von erfahrenen Mitarbeitern gesäumt, genäht und an ausgeklügelten  Maschinen individuell bestickt. „Wenn die Kunden es wünschen, können wir hier karierte Maiglöckchen machen.“ Im Fabrikverkauf zeigen die Mitarbeiterinnen Bett- und Tischwäsche, Frottierware, Decken, Matratzen und  Geschenkartikel.
www.waeschekrone.de
2-2019

 

 

 

 

 

Die Älbler trumpfen auf

 

Zehn Jahre ist es her, seit das Biosphärengebiet Schwäbische Alb von der Unesco geadelt wurde und seither zeigen die Älbler einmal mehr, was sie können. Für die Region ist der runde Geburtstag des Reservats ein Grund, tüchtig zu feiern. Unter anderem bei den vielen Veranstaltungen zur Biosphärenwoche vom 25. Mai bis 2. Juni.

85 000 Hektar groß ist das Reservat, das Teile der Landkreise Reutlingen, Esslingen und Alb-Donau-Kreis umfasst. Im Mittelpunkt liegt der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen, mit rund 6700 Hektar Fläche eine der größten unzerschnittenen Flächen des Landes. Albhochfläche, Albtrauf und das Alb-Vorland zeichnen sich durch eine sehr abwechslungsreiche Landschaft aus und machen das Biosphärengebiet einzigartig. Unterschiedliche geologische Gegebenheiten, variierende klimatische Bedingungen sowie eine weit zurückreichende Form traditioneller Landnutzung sind Gründe für diese Vielfalt. Die Region, einst als „schwäbische Pampa“ belächelt, ist durch die entwickelten Initiativen und Aktivitäten der Älbler in den letzten zehn Jahren in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Mit vielen touristischen Projekten, sowie Ideen und Produkten von zahlreichen Partnerfirmen, die sich strengen Kriterien unterwerfen und umweltverträgliches Handeln und den Naturschutzgedanken voranstellen. Zudem vermitteln sie Informationen an Verbraucher und unterstreichen ihre Servicequalität.
Geballte Informationen rund um das Biosphärengebiet Schwäbische Alb gibt es auf 450 Quadratmetern im Biosphärenzentrum in Münsingen-Auingen, Biosphärenallee 2-4. Geöffnet ist es den Sommer über täglich (außer dienstags) von 10 bis 18 Uhr.

Info: www.biosphaerengebiet.de
1-2019

 

 

Auf der Nase Unikate aus Wacholderholz
 

 

Text: Kirsten Oechsner 

Die Modelle heißen Moschdmeggele oder Schafskälte, Albengel und Jessica. Schon die Namensgebung macht deutlich, dass es sich bei den von Thomas Gut und seinem Mitarbeiter Florian Stefanz entwickelten Brillen um etwas ganz besonderes handelt. Und das sind sie in der Tat: Die Brillengestelle sorgen nicht nur für den richtigen Durchblick, sondern der Brillenträger ist stets umgeben vom Duft der Schwäbischen Alb. Denn die kreativen Optiker aus Münsingen verwenden Wacholderholz direkt aus dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb für ihre Brillen – jede ist ein Unikat, keine gleicht der anderen.

Der Kunde darf sich sein persönliches Stück Holz selbst aussuchen, seine ganz persönliche Brille wird von Florian Stefanz in liebevoller Handarbeit gefertigt. Das Plus des für die Schwäbische Alb so typischen, zum Teil 100 Jahre alten, Wacholderholzes: „Es hat auf wenig Fläche viel Struktur und Maserung.“ Am Anfang stand die Idee, eine in Deutschland hergestellte Brille auf den Markt zu bringen und die mündete dann in den Gedanken, heimisches Holz zu verarbeiten. In einem ersten Schritt entwickelten die Optiker von der Schwäbischen Alb einen Bügel aus Wacholder, die Gestelle werden in einer kleinen Manufaktur in Metzingen ebenfalls in Handarbeit gefertigt – zu 100 Prozent im Schwobaländle gemacht sind diese nachhaltigen Brillen-Unikate.

Wer’s noch etwas individueller möchte, kann seinen Brillenbügel mit einer Intarsie aus Böttinger Marmor, Stirnholz oder Feingold veredeln. Ein Konzept, das ankommt: „Wir sind selbst überrascht, woher die Kunden überall herkommen“, erklärt Optikermeister Thomas Gut. Inzwischen werden in der Werkstatt am Münsinger Marktplatz von Florian Stefanz auch Vollholzbrillen gefertigt, dem ging eine lange Entwicklungsphase in enger Zusammenarbeit mit einem Schreiner voran: „Die Brillen bestehen komplett aus Wacholderholz und schwäbischer Zwetschge, nur die Scharniere nicht“, macht der Fachmann deutlich. Auch hier gilt: Jeder Schritt bei der Herstellung ist Handarbeit.

Damit das Dufterlebnis aller mit Wacholderholz hergestellten Brillen auch erhalten bleibt, sind übrigens deren Besitzer gefordert: Mit Wacholder-Wachs wird das Holz eingerieben, um dessen Langlebigkeit und die Duftentfaltung zu verbessern – auch das Wachs ist individuell entwickelt und gefertigt von Mareike Laepple vom Lagerhaus an der Lauter.

Info: www.optikgut.de
2-2018

 

 

Ganz schön kuschelig  

 

 

Text: Andrea Maier

Immer mehr Menschen wünschen wieder mehr Naturfasern am eigenen Leib. Statt so genannter Funktionswäsche aus 100 Prozent Kunstfaser ist vor allem Wolle sehr gefragt. Schurwolle von Schafen macht dabei den größten Anteil aus. Doch nicht nur ältere Menschen wissen um die unvergleichlich kuschelige Wärme, die Wolle von Angora-Kaninchen bewirkt.  Schon in den 1920er Jahren züchtete Großvater Alfred Bauer Angora-Kaninchen und sammelte deren Wolle. Sein Sohn, Ulrich Bauer sen., begann mit dem Handel von Angoraprodukten, erweiterte die Annahme von Rohwolle von Hobbyzüchtern auf ganz Deutschland. Die Bauers heute halten es ebenso. „Wir verarbeiten ausschließlich Wolle aus Deutschland und kennen die meisten Züchter persönlich. So können wir davon ausgehen, dass die Kaninchen, die Wolle für unsere Produkte liefern, sorgfältig - und mit Liebe - gehalten werden.“

Ulrich Bauer hatte in jungen Jahren selbst einige der zierlichen Kaninchen, denen durch Zuchtauswahl ein langes dichtes Haarkleid wächst. Angorakaninchen haben ein besonders dichtes Fell und müssen deshalb unbedingt regelmäßig geschoren werden. „Mindestens fünf Mal im Jahr“, hat Ulrich Bauer seine Tiere vom sechs- bis 20 Zentimeter langen Wollkleid befreit. „Sonst fühlen sie sich nicht wohl.“ So hat es ihm sein Opa Alfred beigebracht und so hat es auch sein Vater, Ulrich sen., gehalten.

Rund 450 Gramm feinste Wolle lässt ein Kaninchen pro Schur auf dem Tisch. Das feine Haar der von sich aus sehr reinlichen Tiere braucht wegen seiner besonderen Struktur weder aufgebrochen noch gewaschen zu werden. In der Firma der Familie Bauer wird die kostbare Rohwolle sortiert, in große Säcke verpackt und zu Spinnereien nach Nordrhein-Westfalen und Italien versendet. Je nach Fadenstärke werden 20 000 bis 50 000 Meter Garn aus einem Kilogramm Kaninchenwolle gewonnen. Die fertigen Garnkonen kommen zurück nach Deizisau, wo Mitarbeiterinnen an den teils urtümlich anmutenden Strickmaschinen Rund- und Flachstoffe herstellen. Jetzt erst wird das Material gewaschen, um Reste von Spinnfett herauszulösen und den Einlauffaktor vorweg zu nehmen. „So bleiben unsere Produkte in ihrer Form stabil.“

Seit das Ehepaar Ines und Ulrich jr. Bauer zu Beginn der 1980er Jahre in die Geschäftsführung eingetreten sind, werden die Stoffe neben dem vorherrschenden Naturweiß und Beige in mehreren Farben produziert. Das schätzen insbesondere modebewusste, aber auch sportlich aktive Kunden.

Wer Angora-Produkte nur als Leib - oder Gelenkwärmer kennt, wird staunen, wie umfangreich das Sortiment der vergleichsweise kleinen Firma  Angora-Moden ist. Pullover, Jacken, Mützen, Schals, Wohndecken und vieles mehr ergänzen die klassischen Wäscheprodukte. All das wird vor Ort, in Deizisau genäht. Die 25 Angestellten kommen aus der unmittelbaren Umgebung und arbeiten meist in flexibler Teilzeit. „Wir sind halt ein Familienbetrieb“, lacht Ulrich Bauer, dem es wichtig ist, dass die Kinder seiner Angestellten in Kindergarten oder Schule gut untergebracht sind, bevor die Frauen zur Arbeit kommen. 

Info: www.angora-moden.de
1-2018

 

 

Mössinger Sommer aus der Tüte

 

 

 

Text: Andrea Maier

Mit herrlich blühenden Blumen an Straßenrändern und in öffentlichen Grünflächen ist Mössingen am Fuße der  Schwäbischen Alb, spätestens seit dem Gewinn einer Goldmedaille beim Bundeswettbewerb der Entente Florale (2001), als Blumenstadt bekannt. Längst erfreut auch in vielen anderen Gemeinden und in unzähligen Gärten der farbenprächtige Flor vom Frühling bis weit in den Herbst hinein. Was da vielerorts so unvergleichlich blüht, ist das Resultat sorgfältiger Samenauswahl und -Mischung. Der ehemalige Stadtgärtnermeister Mössingens, Dieter Felger, und seine Frau spazierten vor rund 25 Jahren in froher Erwartung ihres ersten Kindes um den Ort. In einem der damals noch seltenen naturnahen Gärten blühte eine Wildwiese in so fröhlich stimmender Pracht, dass der engagierte Landschaftsgärtner euphorisch beschloss: „Solch buntes Blühen müsste auch städtische Grünflächen in Orte der Freude verwandeln.”  Er recherchierte und probierte, sammelte Wissen und Erfahrung mit Saatgut von überall her und ließ nicht locker, bis wenig später die ersten Straßenränder Mössingens in sommerbunten Farben leuchteten.

Anfangs noch argwöhnisch beobachtet, eroberten die pflegeleichten (Wild-) Blumen die Herzen der Bevölkerung und ihrer Gäste im Nu. Unablässig arbeitete der Stadtgärtnermeister an Verbesserungen, fand Produzenten reinster Sämereien, mischte sorgfältig, sodass Wuchs und Farbe immer noch besser aufeinander abgestimmt zur Geltung gelangten. Jede einzelne Blume ist wunderschön, jede Blüte hat ihren ganz eigenen Ausdruck – die einzelnen bezaubernd im harmonischen Miteinander zu vereinen, das gelang auf einzigartige Weise. Obwohl vielfach nachgeahmt, gilt der 'Original Mössinger Sommer®' nach wie vor als die beste Sommerblumenmischung auf dem Markt. 

Als Mössingen zur weithin beachteten Blumenstadt florierte, wuchs die Nachfrage nach der fröhlichen Sommerblumenmischung derart, dass die Stadtverwaltung die Lizenz zum Mischen und für den Vertrieb vergab. Seit 2015 wird der 'Original Mössinger Sommer®' von der Saatgut-Manufaktur im Ortsteil Öschingen gemischt, in Tüten verpackt und vertrieben. Damit liegt die Verantwortung für die ehemals von Dieter Felger konzipierte Blumensamenmischung nun ganz in Felger'schen Händen: Ehefrau Daniela und Sohn Benjamin Felger arbeiten mit vielen fleißigen Helfern, in der ehemaligen Hemdenfabrik in Öschingen, voller Begeisterung daran, die blühenden Boten der Freude zu verbreiten. Ergänzend zum 'Original Mössinger Sommer®' hat Dieter Felger,noch sechs weitere Blühmischungen kreiert: ‚F1-Blütenreich‚, 'F2- Bienensommer', ‚F-3 Farbe im Grün', ‚F-4 Mohnwiese - inspiriert von Claude Monet', 'F5- Augenweide' und 'F6- Blühendes Steppenland'. Großen Wert legen Felgers übrigens auf den Mehrwert der Blüten für Insekten und Vögel als Nahrungsquelle. 

Der erste Eindruck erinnert an eine Bäckerei: Zig weiße, prall gefüllte Säcke ruhen in einem picobello sauberen Lagerraum. Auf kleinen Rollhockern, die in vielen verschiedenen Farben überall bereit stehen, werden einige der sorgfältig beschrifteten Säcke zu einer knallroten Trommelmischmaschine gefahren. Exakt abgewogene Mengen der verschiedenen Samen werden in dem pausenlos drehenden, raunenden Rund ausgiebig gemischt und in weiße Plastikeimer gefüllt. 40 und mehr solcher Eimer stehen in Reih' und Glied in einem sonnendurchfluteten Raum. Yasmin überprüft den Aufdruck der kleinen Tütchen, die sie heute befüllt, dann taucht sie das kleine Metallschäufelchen in die Samenmischung auf dem pinkfarbenen Rollhocker und lässt die eckigen, runden, flachen, gekräuselten, dunklen und schneeweißen Samenkörnchen in die Papiertüte rieseln. Die kleine Wage zeigt genau 50 Gramm, Yasmin lächelt und gibt noch ein paar Körnchen obendrauf. Benjamin Felger bepackt Paletten mit Kartons, randvoll mit den beliebten Samenmischungen. Die Post und die Speditionen bringen sie in alle Teile Deutschlands, aber auch in die Schweiz und nach Österreich. „Uns allen hier ist bewusst, dass wir die Freude und das Glück, das Pflanzen, Blüten, Farben und Düfte in uns Menschen hervorrufen, versenden dürfen!“ Daniela Felger strahlt dabei so von Herzen, dass man die Blumensamen am liebsten über die ganze Erde verstreuen möchte.  Im 'Original Mössinger Sommer®' sind unter anderem enthalten: Leinsamen der Blauen Alb, Schlafmützchen, Hainblumen, Blauglöckchen, Seidenmohn, Steppen-Rittersporn, Spiegelei-Blume, Leimkraut, Schmuckkörbchen, Klatschmohn, Kapkörbchen, Färber-Mädchenauge, Roter Lein, Meerviole, Vogeläuglein, Moldawische Melisse, Adonisröschen, Duft-Resede, Leinkraut, Kornblume, Atlasblume, Gretel im Busch, Vogeläuglein, Sonnenblume, Bechermalve ... und sehr viel Freude.


Info: www.saatgut-manufaktur.de, www.blumenstadt.eu, www.moessingen.de
1-2017

 

 

 

Spielzeug aus dem Lautertal 

 

 

Text: Bernhard Bürkle

In einem malerischen Quelltopf, umgeben von den hohen Mauern der alten Klosteranlage Offenhausen (Kreis Reutlingen) in der wohl schönsten Region der Mittleren Schwäbischen Alb, beginnt die Große Lauter ihre gemächliche Reise hinunter ins Tal der Jungen Donau. Es sind nur wenige Kilometer von der Quelle bis zur ersten „Arbeitsstelle“ der noch jungen Lauter: Am Ortseingang von Buttenhausen steht eine Säge.

Vermutlich schon 1760 hat man von der jungen Lauter einen kleinen Kanal abgezweigt, um damit eine Ölmühle anzutreiben – mit geringem Erfolg, wie sich herausstellen sollte. Nach einem weiteren Versuch mit Mostobst entsteht schließlich eine Säge: man treibt mit dem Wasserrad gewaltige Sägegatter an und teilt Stämme der umliegenden Baumarten in mehr oder minder dicke Bretter. Große Sägewerke machten dem kleinen Familienbetrieb aber zunehmend auch dann Konkurrenz, wenn sie viel weiter entfernt waren, denn der Transport auf einem immer besser ausgebauten Straßennetz wurde mit modernen Lkw im Verhältnis immer günstiger. Rein wirtschaftlich machte also der Betrieb der Lautertalsäge irgendwann auch keinen Sinn mehr. Gleichwohl aber kann man ein solch einmaliges Kleinod nicht einfach sich selbst überlassen und dem Verfall preisgeben.

Als Wulf Plätz von der alten Säge und ihrem drohenden Schicksal erfuhr, fasste er schon nach seinem ersten Besuch im Lautertal einen kühnen Entschluss: Spielplatz-Geräte sollten hier entstehen, in ergonomischen, natürlich-weichen Formen und möglichst aus heimischen, witterungsbeständigen Hölzern wie Robinie zum Beispiel. Damit lag der gebürtige Rheinländer voll im Trend, denn Wippen und Schaukeln, Rutschen und Häuschen aus industriell hergestellter Meterware waren inzwischen eher individuell und handwerklich gefertigten Spielgeräten gewichen. Auch diese freilich müssen allen gesetzlichen Vorgaben entsprechen und unterliegen strengsten Sicherheitsnormen. „Die Nachfrage ist durchaus zufriedenstellend“, freut sich Wulf Plätz, „Spielplatz-Geräte aus dem Lautertal werden immer beliebter und aus pädagogischer Sicht zunehmend wichtig, Kinder wollen keine geraden Balken mit rechten Winkeln.“
Wenn Wulf Plätz die gewaltigen Robinien-Stämme auf uralten Schienen dem altgedienten, nur in Teilen erneuerten und heute elektrisch betriebenen Sägegatter zuführt, wird es zeitweise etwas lauter an der Großen Lauter. Dann lässt sich seine kleine Gänseschar schnatternd aus dem Mühlbach hinunter treiben in ruhigere Gefilde, an die saftigen Auen bei Buttenhausen, wo die Touristen ihre Kanus zu Wasser lassen und die Natur und die Ruhe im Großen Lautertal genießen.
Info:  Lautertalsäge Wasserstetter Str. 37 72525 Münsingen-Buttenhausen Telefon: 01520 4769795


Info: www.lautertalsaege.de
1-2017

 

 

Der Scharfmacher

 

 

Text: Bernhard Bürkle

Ab und zu erwacht die alte Schmiede des Bauernhaus-Museums in Ödenwaldstetten (Kreis Reutlingen) zu neuem Leben – nicht nur für Besucher, sondern für Spitzenköche in aller Welt. Wenn nämlich der Messermacher Janosch Vecernjes früh morgens mit der begehrten, traditionell im benachbarten Münzdorfer Kohlemeiler hergestellten Holzkohle die historische Esse anfeuert und die Glut mit dem riesigen Blasebalg auf weit über 1000 Grad aufheizt, ist das keineswegs nur eine Darbietung für Museumsbesucher. Hier entstehen aus alten, quasi „erfahrenen“ Stahlmischungen die Rohlinge für Kochmesser aller höchster Qualität und Güte.

Von einem alten ungarischen Messermeister durfte Janosch Vecernjes über viele Jahre diese hohe Kunst erlernen, die traditionell nur an wenige Eingeweihte weitergegeben wird, und zwar mündlich und häppchenweise und streng vertraulich. Das Geheimnis einer scharfen Messerklinge beginnt schon beim Grundmaterial, dem Stahl. „Ich verwende nur alte Stähle, die etliche Jahrzehnte lang geruht haben, in denen sich die Metallstruktur quasi beruhigt und somit gefestigt hat“, berichtet Janosch, der Messermacher, während er den Messer-Rohling aus der hell glühenden Kohle auf den alten Amboss legt und mit wuchtigen, genau dosierten und gezielten Hammerschlägen immer dünner schmiedet. „Bei einer Damast-Klinge wird das Material immer und immer wieder gefaltet und verdichtet. So entsteht eine unvergleichliche Härte bei gleichzeitiger Geschmeidigkeit“. Mehrere hundert solcher Faltungen ergeben dann schließlich auch dieses typische Damaszener-Muster in der Klinge – die hohe Kunst des Messerschmiedens.

Doch auch die „normalen“ Kochmesser, die jeweils ganz individuell und nur auf Bestellung hier gefertigt werden, sind bei Küchenmeistern auf der ganzen Welt höchst begehrt. Unlängst hatte der Messermacher Besuch aus Dubai in seiner kleinen Werkstatt in Hohenstein. Vecernjes bearbeitet hier die Rohlinge in rund 60 verschiedenen Arbeitsschritten – bei Damast-Messern sind es über 200  – weiter. Hier werden die Klingen nach und nach in die typische, patentierte Form geschliffen und in speziellen Ölbädern bei unterschiedlichen, genau definierten Temperaturen und Zeiten gehärtet. Darauf folgen diverse Poliervorgänge mit Edel-Korund auf alten Maschinen und natürlich in langwieriger Handarbeit. Wenn es dann endlich soweit ist, prüft der ambitionierte Hobbykoch Janosch Vecernjes, wie nahe er seiner Zielvorstellung gekommen ist: Dann wird der große Holztisch in der Werkstatt zur Küchenplatte, mit gekonnten Schnitten werden Karotten und Zwiebeln filigran zerteilt. Dabei läuft dann kein Tröpfchen Saft aus der Zwiebel, weshalb es keine Tränen gibt und auch der Geruch und Geschmack in den Zellen verbleibt.

Janosch Vecernjes ist ein Perfektionist, der bei seinen Messern keinerlei Kompromisse duldet. Deshalb macht er zusammen mit seinem Vater auch die Griffe selbst in der eigenen Werkstatt. Rund 100 verschiedene Hölzer aus der ganzen Welt lagern dort, wobei er am liebsten einheimische Hölzer verwendet. Die werden mit Zwei-Komponenten-Harzen stabilisiert, auf Wunsch mit Lebensmittelfarbe eingefärbt, verdichtet und mit Edelfurnieren wie Ahorn oder Mooreiche verklebt. Das erst sichert schließlich die erforderliche Stabilität und Langlebigkeit sowie auch die hygienischen Vorgaben. Schließlich, nach mehreren Monaten, werden die Messer an die Kunden möglichst persönlich übergeben – vollendete Schneidwerkzeuge mit dem Markennamen „Albmesser“, den jedes dieser hochwertigen Einzelstücke tragen darf.

Info: www.albmesser.de
1-2017

 

 

Handschmeichler für überreizte Kindersinne

 

 

 

Text: Andrea Maier

Wer kennt sie nicht – die harmonisch geformten Krippenfiguren der Margarete Ostheimer, aus Zell u.A. (Kreis Göppingen) bereits seit den 60er Jahren bekannt und weithin gerühmt.  Nicht nur zu Weihnachten finden Kinder Inspiration und tiefe Freude mit den warm und zurückhaltend gestalteten Holzspielzeugen aus Zell unterm Aichelberg. Längst reicht das Sortiment der anthroposophisch geprägten Figuren in viele kindliche Spiel- und Erfahrungswelten hinein: Dorfszenen, Burgen und Bauernhöfe, jahreszeitliche Szenen und Feste, aber auch die sagenhafte Arche Noah mit einer Vielzahl von Tieren begeistern und berühren Kinderherzen auf der ganzen Welt. Es war im Jahr 1959. Da entschied sich die damals 29-jährige Margarete Ostheimer zu ihren Eltern zurückzuziehen, um sie tatkräftig zu unterstützen. Adeline und Walter Ostheimer stellten mit Idealismus und sehr viel Mühe Kinderspielzeug her, das sie an der Waldorfpädagogik Rudolf Steiners orientierten. Gemeinsam mit ihrem Vater Walter entwarf und fertigte die engagierte Handarbeitslehrerin damals die ersten Massivholzfiguren, die den einzigartigen Charakter der Ostheimer-Holzspielzeuge bis heute prägen. Margarete Ostheimer war ebenso wie ihre Eltern davon überzeugt, dass Kinder die Welt um sich herum als gut empfinden und dass sie das, was sie wahrnehmen im eigenen Spiel nacherleben. Entsprechend gestaltete sie schlichte Grundformen mit leisen Farben, die inspirieren und viel Freiraum für die jedem Kind eigene Fantasie und Kreativität lassen.

Am Fuße der Schwäbischen Alb bewahrt die „Walter-und-Adeline-Ostheimer-Stiftung“ die Werte und Kriterien, nach denen hochwertiges, liebevoll von Hand gefertigtes Spielzeug geschaffen wird. Über 100 Heimarbeiterinnen und rund 40 festangestellte Mitarbeiter fertigen mittlerweile über 600 verschiedene Holzfiguren. Mitarbeiterfreundlich und Ressourcen schonend produziert Ostheimer ein liebenswert harmonisches Abbild der Welt und bringt es in die Kinderzimmer. Beim Besuch im zentralen Werk ist es ein bisschen wie im Märchen: Vom Entwurf bis zur Fertigstellung wandert jede einzelne der zauberhaften Holzfiguren in einem langen Prozess durch viele achtsame Hände. In einer Welt, in der viele Produkte unter enormem Druck, möglichst billig von Menschen in Armut, oder von Maschinen und Robotern hergestellt werden, in der das Wegwerfen schon beim Kauf einkalkuliert ist, scheint die ehrliche Handarbeit in angenehmer, respektvoller Atmosphäre, mit sorgsam verarbeiteten Naturmaterialien kaum mehr vorstellbar.

Kaum zu glauben, aber wahr: Um den künstlerischen Entwurf in die Gestalt zu bringen, werden exakt gezeichnete Umrisse der Figuren auf fein gehobelte Bretter gestempelt. Höchste Sorgfalt ist notwendig, da mit Augenmaß die in Maserung und Farbe geeigneten Holzpartien ausgewählt werden. Mit viel Fingerspitzengefühl werden die Silhouetten ausgesägt, ein grober Vorschliff beseitigt die Sägespäne und glättet die Oberfläche des Holzes. Dann arbeiten geschulte Künstlerhände die lebendige Gestalt der Figur heraus. So entsteht die einzigartig charakteristische Form der Ostheimer Figuren. Weiches Feinschleifen vollendet den Formprozess und bereitet die Oberfläche für die anschließende Farbgestaltung vor. Mit ruhiger Hand und feinem Pinsel werden die Spielfiguren dezent bemalt. Transparente Farben lassen die lebendige Struktur des Holzes zur Geltung kommen und verstärken seine warme Ausstrahlung. Ein Tauchbad in hochwertigen biologischen Ölen verleiht den Holzfiguren Farbbeständigkeit und schützt ihre Oberflächen. Erst wenn die Spielfiguren eine letzte aufmerksame Qualitätskontrolle durchlaufen und das Ostheimer-Siegel erhalten haben, werden sie sorgsam verpackt und zu ausgewählten Fachhändlern versendet.
Kinder und Menschen jeden Alters können bei Werkstattführungen die Arbeitsabläufe vor Ort selbst erleben. Während der altersentsprechend gestalteten Führung ist zu bewundern, wie mit viel Hingabe, Sorgfalt und Kunstfertigkeit die weithin gerühmten Figuren entstehen. Die Handwerkerinnen und Handwerker freuen sich an den staunenden Kinderaugen und über die Wertschätzung, die sie und ihre Produkte während der Betriebsführungen erfahren.
Die Ostheimer-Spielfiguren erzählen lebendige, bildreiche Geschichten, in deren zauberhafte Welt Kinder und Erwachsene bei schön gestalteten Märchenstunden im Stammhaus in Zell unterm Aichelberg eintauchen können. Auch das Feiern von Kindergeburtstagen inmitten der harmonischen Holzfiguren lässt Kinderaugen leuchten.
Neben der eigenen wertschätzenden Arbeit ist die Ostheimer-Stiftung für und mit unterschiedlichen Initiativen engagiert, die sich für das Wohl von Kindern einsetzen. Beispielsweise auch bei „Spiel und Zukunft“. In dessen Online-Portal www.spielundzukunft.de finden Eltern und andere, die mit Kindern umgehen, umfassende Anregungen, wie das Leben für Kinder gestaltet werden kann.  


Info:
www.ostheimer.de
2-2016

 

 

Mode von der Alb: Flomax in Gächingen

 

 

 

 

Text: Andrea Maier


Seit 1995 produziert Flomax Naturmode in St.Johann-Gächingen auf der Schwäbischen Alb, ökologisch und kompromisslos nachhaltig orientiert, Kleidung und Heimtextilien.  Es fühlt sich weich an, flauschig, aber auch robust. Schon der Geruch ..., obgleich der Poncho neu und noch nicht gewaschen ist, riecht er angenehm. Die Farbe erinnert an einen guten starken Kaffee, natürlich, aber kein bisschen langweilig. Die Beanie-Mütze in beige sieht klasse dazu aus, die Stulpen in der selben Farbe machen gute Laune und wärmen garantiert durch jede Kälte. Dass auch die Strümpfe aus diesem super angenehmen Material sind, ist weniger zu sehen, aber umso mehr zu spüren. Wer mag, kann sich rundum mit den komfortablen und ziemlich schicken Kleidungsstücken aus der Albmerino-Kollektion kleiden. Die Wolle stammt von den längst legendären Merinolandschafen. Entgegen mancher Befürchtung kratzt sie kein bisschen, wärmt kuschelig bei Kälte und kühlt sogar bei Hitze.

Neben dem angenehmen Tragegefühl kommt bei den Produkten der Firma Flomax allerdings noch jede Menge Mehrwert dazu: Alle Textilien werden regional, nachhaltig und vor allem natürlich ökologisch hergestellt. Hochrangige Qualitätssiegel, nach denen das Unternehmen zertifiziert ist, sowie die ausschließliche Verwendung von Materialien zertifizierter Hersteller garantieren höchste Qualität, eine umweltfreundliche Produktion und soziale Verantwortung im gesamten Produktionsprozess. Schur- und Baumwollgarne stammen aus kontrolliert biologischer Tierhaltung und aus kontrolliert biologischem Anbau - die verwendete Baumwolle wird fair gehandelt, die Farben sind ökologisch, gesundheitlich unbedenklich. Zudem findet der gesamte Produktionsprozess im Umkreis von 35 Kilometer um den Standort St.Johann-Gächingen statt.

Die Vision, die Veronika und Volkert Kraiser zur Gründung ihres Unternehmens geführt hat, ist von tiefer Überzeugung getragen: „Wir wollen das nur noch rar gesäte Wissen über traditionelle Wollverarbeitung im Biosphärengebiet Schwäbische Alb bündeln und wiederbeleben.“ Konsequent weiter gedacht bedeutet das, die komplette Produktionskette und alle damit verbundenen Betriebe auf die Schwäbische Alb zu holen.

Die Schäferei Stotz war mit ihren Herden schon da - Bärbel und Gerhard Stotz betreiben Schafzucht in vierter Generation, direkt im Zentrum der Schwäbischen Alb, bei Münsingen. Die Beweidung auf den Kalkmagerrasenflächen pflegt die einzigartige Landschaft und erbringt die hohe Qualität der Albmerino-Wolle. 2009 schlossen sich die Familien Stotz und Kraiser folgerichtig im Projekt Albmerino zusammen. Bis heute sind mehrere Kollektionen entstanden, deren besonderer Stil die Handschrift von Designerin und Gründerin Veronika Kraiser trägt: klassische Schnitte und harmonische Farbpaletten zeichnen die Naturmode aus der Alb-Manufaktur aus. Landschaftstypische Motive, wie beispielsweise Silberdistel, Alb-Linsen, Alb-Schnecke oder Alb-Lamm zeugen charmant von der innigen Verbundenheit zur Landschaft, aus der alles stammt. 

Bis heute entwirft Veronika Kraiser jedes Stück selbst. Jeder Knopf, jede Zierleiste wird von den Mitarbeiterinnen sorgsam angebracht. Fünf Jahre nach der Gründung von Flomax-Naturmode wurden die heutigen Produktionsräume an das ehemals elterliche Wohnhaus von Volkert Kraiser angebaut. 2011 wurden Verkaufsräume über vier Etagen in der Scheune eröffnet – die Kundschaft, vom Nachbarn bis zum qualitätsbewussten Textilhandel, wächst beständig. Seit einiger Zeit kann, wer mag, auch online einkaufen. Allerdings kann man dann keinen Blick in die Produktionsstätte werfen. Hier ist zu sehen und zu spüren, dass die Arbeit mit den natürlichen Produkten bei den rund 20 Angestellten große Freude und Zufriedenheit schafft, viele von ihnen sind seit der ersten Stunde dabei. 

Info: www.flomax.de
2-2016

 

 

Die perfekte Kugel

 

 

Text: Andrea Maier

 

Wie aus kantigen Steinen runde werden, zeigt der Ingenieur und leidenschaftliche Bergwanderer Stefan Metzler den Besuchern seiner Kugelmühle. Die steht in  Neidlingen, am Fuß der Schwäbischen Alb. Die Kugel ist die Urform des Universums, die ursprünglichste und natürlichste Form überhaupt. Ball- und Murmelspiele, Boule und Boccia, Golf und Fußball sind seit Jahrtausenden beliebt in allen menschlichen Kulturen. Unsere Vorfahren trugen sie als wertvollen Talisman bei sich, als Handschmeichler und durch viele Jahrhunderte hindurch immer auch als Spielzeug - für Kinder und Erwachsene gleichermaßen: Kugeln aus Stein. In Neidlingen werden die nach wie vor bezaubernden Steinmurmeln aus Alb-Marmor, klimaneutral und ökologisch konsequent auf Nachhaltigkeit hin durchdacht, mit Wasserkraft produziert.

Wenn der Seebach in Neidlingen nicht allzu heftig rauscht, ist manchmal ein leises grummelndes, klackerndes Geräusch zu hören, ein emsiges Murmeln eher. In diesen Momenten versteht man die mögliche Herkunft des Wortes: es murmelt, Murmeln, Marmeln, Marmorkugeln entstehen. In vier, nur durch die Kraft des Bachs angetriebenen Mühlrädern geschieht genau das, was naturgemäß in jedem Bach, in jedem Fluss vor sich geht: Geröll wird umher gerollt bis sich kantige Steine zu rundlichen Kieseln abgeschliffen haben. In der traditionell arbeitenden Neidlinger Kugelmühle wird Gestein gezielt zu Kugeln gerollt. Das Ergebnis sind Murmeln, wie man sie von Hand niemals in dieser Präzision fertigen könnte.

Traditionelle Kugelmühlen gibt es nachweislich seit über 1000 Jahren. Sie waren früher ein ganz normaler Mühlentyp, mit dem Wald- und Bergbauern ihr kärgliches Einkommen im Winter mit der Produktion von Spielmurmeln aufbesserten. Damit war der Kugelmüller auch kein Lernberuf. Das erforderliche Wissen wurde mündlich weitergegeben. Der Ingenieur und leidenschaftliche Bergwanderer Stefan Metzler hat sich über Jahre hinweg vor allem im Alpenraum umgehört und dabei viel gelernt. Geboren wurde seine Idee, dieses fast vergessene Kulturgut auf der Alb wieder zu beleben, schon 1991, als er von den Marmorvorkommen der Schwäbischen Alb erfuhr. Seit 2005 ist seine eigene, selbst konstruierte Kugelmühle in Betrieb. Es entstehen dort mannigfaltige Murmeln mit drei-, vier- und sechs Zentimetern Durchmesser. Wie genau die wunderschönen glänzend polierten Kugeln entstehen, erzählt der Kugelmüller gerne selbst.

Von den unscheinbar im Wasserlauf verankerten Mahlwerken nur wenige Meter bachaufwärts befindet sich die Manufaktur, untergebracht in einem kleinen gründerzeitlichen Industriegebäude. Hier wird sorgsam ausgewähltes Felsgestein zu rollfähigen Rohlingen in verschiedenen Größen für die Kugelmühlen im Bach vorbereitet. Alle dazu notwendigen Maschinen und Gerätschaften sind während der Öffnungszeiten zu sehen. Stefan Metzler erläutert die Abläufe, erzählt Geschichten und Anekdoten so lebendig, dass Kinder und Erwachsene, Laien und Fachleute gleichermaßen fasziniert sind. Hier ist mit allen Sinnen zu erfahren, wie in der einzigen noch produzierenden Kugelmühle Deutschlands gearbeitet wird.

Auf der Schwäbischen Alb kommt in der obersten Schicht, im Weißjura, feinster Marmor vor, der früher für Bildhauer abgebaut wurden. Dieser Stein verzaubert durch lebhafte Farben und Strukturen, er ist teils mit Kristalladern, Drusen, Dendriten und vielem mehr durchzogen. Aber auch Schwarzjura und Muschelkalke sind lebhaft gemustert und mit Versteinerungen versehen. Durch den Rundschliff in der Kugelmühle wird die innere Struktur des Gesteins in seinen unterschiedlichsten Ausprägungen sichtbar. Jede Kugel ist eine Überraschung. Und jede Kugel ist, wie auch jedes Lebewesen im Universum, einzigartig, in ihrem Wesen unwiederbringlich. Es gibt keine zwei gleichen. 

Info: Zu besichtigen ist die Kugelmühle in Neidlingen das ganze Jahr über an Sonn- und Feiertagen, zwischen 11 und 17 Uhr. Jeden letzten Sonntag des Monats ist geschlossen. Während der Öffnungszeiten können auch Kugeln gekauft werden. Sie sind nicht über Einzelhandel oder Versand erhältlich.

 

www.kugelmuehle-neidlingen.de
1-2016

 

 

Ein Platz an der Spitze

 

 

 

 

Text: Andrea Maier

 

Leki entwickelt und produziert ausgeklügelte Stocksysteme für den Weltklasse-Skisport. Aber auch Wanderer und Walker auf der Alb und anderswo schwören auf die intelligent durchdachte Funktionalität und hohe Qualität der Leki-Stöcke. Neuerdings begeistert der Weltmarktführer auch mit leichten, bequemen Faltstühlen.

 

Am Fuße der Schwäbischen Alb,  in Dettingen unter Teck, gründete ein junger Mann 1948  einen Betrieb, in dem Buchstaben und Schriftzüge aus Holz hergestellt wurden. Karl Lenhart war leidenschaftlicher Skisportler, befand jedoch vor allem die Skistöcke als absolut ungenügend. Er probierte und experimentierte, bis er mit Geschick und seinen Maschinen deutlich bessere Griffe und Teller herstellte, als alles, was er zu kaufen fand.


Er nutzte die selbstgemachten Griffe und Teller für sich und Freunde, verbesserte sie unermüdlich und ging tatsächlich in den 1960er Jahren mit einigen Exemplaren in die Serienproduktion. Karl Lenhart war auch im Flugzeugbau erfahren und wusste, wie Aluminium und Composite verarbeitet werden. Aus diesen Rohstoffen fertigte er Skistöcke und ging damit 1970, unter dem Namen Leki, der für den Eigentümer und den Firmensitz steht, - Lenhart in Kirchheim - an den Markt. Mit seinen hochfesten Aluminiumschächten bei Alpin – und ab 1973 auch bei Langlaufstöcken, begeisterte der Schwabe schon bald die Skisportwelt. 

 

Sein Sohn übernahm 1984 die Geschäftsführung. Ebenso engagiert wie sein Vater entwickelte und testete Klaus Lenhart - immer auf der Suche nach Verbesserung. Insbesondere die Stockgriffe erfuhren in den folgenden Jahren weltweit bedeutende Innovationen. Vor allem der Sicherheitsgedanke ließ Klaus Lenhart permanent an Weiterentwicklungen arbeiten. Die absolute Sensation wurde das revolutionäre Trigger System, das 1998 für Alpinstöcke eingeführt wurde.

 

Zeitgleich kamen die ersten Leki-Handschuhe auf den Markt – eine Kombination aus beidem war nur noch eine Frage der Zeit. Zur Jahrtausendwende wurde die neue Produktionsstätte in Tachov/Tschechien eingeweiht. In der weltweit größten und modernsten Fertigungsanlage für Skistöcke werden nach wie vor die Entwicklungen und Designs aus Kirchheim umgesetzt. Auszeichnungen und Erstplatzierungen reihten sich aneinander, Leki avancierte zum unumstrittenen Weltmarktführer. Längst waren Weltklassesportlerinnen und -sportler zu festen Partnern der Firma Leki geworden. Bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver glänzten die deutschen Athleten mit 73 Medaillen – Leki-Produkte waren immer mit dabei.

 

Klaus Lenhart verunglückte 2012 tödlich – Schock und Trauer ergriffen die Familie ebenso wie die 250 Mitarbeiter, die Klaus Lenhart als „großartigen Mensch, Tüftler und Denker, als charismatischen Visionär“ vermissen, „der sich durch seine Geradlinigkeit in der gesamten Branche Respekt, Bewunderung und volle Hochachtung verdiente.“ Seine Witwe Waltraud Lenhart führt seitdem die Geschäfte der Firma, gemeinsam mit langjährig erfahrenen Mitarbeitern, mit derselben Passion, wie zuvor an der Seite ihres Mannes. Mit über 250 Patenten hat Leki so viele Innovationen und Patente fixiert wie kaum ein anderer Hersteller der Outdoor- und Skibranche. Im vergangenen Jahr erweiterte der schwäbische Betrieb die erfolgreiche Produktpalette mit (ultra-) leichten Faltstühlen. Der Slogan: „Finde deinen Platz!“ Seinen Platz hat das Unternehmen längst gefunden - an der Weltmarktspitze und in Kirchheim, direkt unterhalb der Burg Teck. 

 

Info:www.leki.de
2-2016

 

 

Kerzen aus reinem Bienenwachs

 

 

Text: Andrea Maier

 

Die Tage sind kurz, die Stunden der Dunkelheit lang, es ist kalt - Iris Dürr freut sich auf diese Zeit im Jahr. Wenn es draußen so richtig brrrr... ist, geht sie voller Freude eine Etage tiefer, in ihre 'Kerzenwerkstatt' und erschafft, wonach sich die meisten Menschen jetzt besonders sehnen: Licht und Wärme. Iris Dürr hat ein uraltes Handwerk zu ihrem Hobby gemacht: sie zieht Kerzen - aus reinem Bienenwachs. Zuerst haben es ihre Kinder während der Adventszeit in der Kirchengemeinde gemacht, sie hat zugeschaut und es selbst ausprobiert. Seither lässt es sie nicht mehr los, das konzentrierte Entschleunigen: Eintauchen, herausziehen, eintauchen, herausziehen … Iris Dürr schätzt es sehr, auf althergebrachte Weise wunderschöne Kerzen zu ziehen und in dem ganz eigenen Rhythmus zur Ruhe zu kommen.  

Schon die Vorbereitung braucht Zeit. Drei Stunden plant Iris Dürr für das sorgfältige Schmelzen des Wachses ein. Im gut 60 Grad heißen Wasserbad, das sie in einem umfunktionierten Einkochautomat gleichbleibend warm hält, schmelzen die goldgelben Wachsplättchen. Viel wärmer darf es nicht sein, „sonst verdirbt das empfindliche Naturprodukt.“ Ihr handwerklich geschickter Mann gestaltet für ihre Ideen praktische Werkstücke. So ist das Wasserbad mit einer stabilen Platte abgedeckt, in die vier unterschiedlich lange Tüllen, eine Art schmaler Tauchbecken, eingehängt werden können. Für kurze, kürzere, längere und lange Kerzen. Da Iris Dürr aufwendig gereinigtes Bienenwachs verwendet, müssen alle Gefäße aus Edelstahl oder Keramik sein, auch darf in der Nähe der Wachsbehälter nicht gefusselt oder gegessen werden. „Bienenwachs ist sehr kostbar. Es ist Nahrungs-, Genuss- und Heilmittel.“ Die gelbe Farbe und der einzigartig würzig-süße Duft des Naturproduktes können durchaus variieren, „je nachdem, wo die Bienen leben, welche Pollen, welcher Nektar ihnen zur Verfügung steht.“

Die eigentliche Herstellung der Kerze scheint einfach: Ein Docht wird immer wieder in flüssiges Wachs getaucht und wieder herausgezogen, bis sich so viel Wachs daran abgesetzt hat, dass eine Kerze entsteht. Von wegen einfach! Wer den Docht zu schnell aus dem heißen Wachs zieht, bekommt etwas, das die Bezeichnung Kerze nicht verdient. Zieht man ihn zu langsam heraus, löst sich das Wachs. „Entscheidend für das Festwerden ist die innere Wärme.“ Iris Dürr lächelt geduldig, auch ein bisschen über die Doppeldeutigkeit ihrer Worte.

Einige Kinder, die in der dunklen Jahreszeit Geburtstag haben, feiern ihn mit ihren Freunden in der Kerzenwerkstatt. Auch Erwachsene kommen in kleinen Gruppen, um meist staunend zu erleben, wie befriedigend es sein kann, Kerzen zu ziehen. Aus langjähriger Erfahrung weiß Iris Dürr, dass das Vorhaben „geschwind ein paar Kerzen machen“ weit entfernt vom tatsächlichen Entstehungsprozess einer gezogenen Bienenwachskerze ist. Bereits die Wahl des Dochtes ist ausschlaggebend dafür wie dick, wie lang eine Kerze werden wird. Das unterschiedlich dicke Dochtgarn, das Iris Dürr verwendet, besteht aus einer speziell gereinigten und geflochtenen Baumwolle. „Der Docht brennt nur in eine Richtung gut ab“, erklärt sie und versieht die zurecht geschnittenen Dochte am oberen Ende mit einer Schlaufe. An dieser Markierung hält sie den weißen Faden, wenn sie ihn in das warme Wachs taucht und daran hängt sie die werdende Kerze am selbstgemachten Trockenständer auf, bis sie das nächste Mal eintaucht. „Bei diesem Prozedere schalte ich völlig ab“, sagt die gelernte Zahnarzthelferin und beschreibt, wie jeder Ärger, jeder Stress von ihr weicht, sobald sie sich auf „das Ziehen“ einlässt. Während andere fernsehen, probiert Iris Dürr in aller Ruhe, manchmal begleitet von einem Hörspiel, ihre Ideen aus: Sie knetet angewärmtes Wachs, wellt es mit dem Nudelholz aus, rollt Spiralen, … . „Das Material fasziniert mich immer wieder auf's Neue.“ Besonders schätzt die energiegeladene Frau „das Ganzheitliche“ in ihrem Tun: Alle Sinne werden angesprochen und es sei schlichtweg wundervoll, „Licht selbst herzustellen“. Ganz besonders genießt sie es, wenn Kinder, aber auch viele Erwachsene mit der Zeit „völlig entspannt und gedankenverloren“ mit dem Wachs spielen, den Duft wahrnehmen, die Wärme spüren. „Dann geht mir das Herz auf.“

Wenn die Tage wieder länger werden, „so um die Faschingszeit herum“, beendet Iris Dürr die Kerzenproduktion. Sie zieht es nun vermehrt hinaus in den Garten, ins sprießende Grün. Ihre Kerzen haben dann genau die Zeit, die sie brauchen, um vor dem kommenden Weihnachtsfest perfekt auszureifen. „Docht und Wachs brauchen neun bis zwölf Monate Zeit, um sich miteinander zu verbinden und gänzlich auszuhärten.“ Während der Lagerung - kühl und trocken - legt sich ein leichter Belag über das Wachs, der jedoch durch sanftes Reiben sofort verschwindet.  Iris Dürr und ihr Mann sind mit einem alten Bauwagen, der für alle Utensilien perfekt ausgebaut ist, ausschließlich auf dem Weihnachtsmarkt in ihrem Heimatort Dusslingen vor Ort. Selbst Kerzen ziehen oder fertige Kerzen kaufen, ist - nach telefonischer Terminvereinbarung - während der Wintermonate bei Dürrs in der Kerzenwerkstatt  möglich.


Info:
Iris Dürr, Weingartenrain 10, 72144 Dusslingen, Tel: 07072 - 2997.
3-2017

 

 

 

Jedes Haus ein Unikat

 

 

 

Text; Kristen Oechsner

Das Bild von uniformen Fertighäusern ist längst überholt – modern und innovativ, geprägt von designorientierter Architektur und vor allem individuell präsentieren sich Fertighäuser. Bei Schwörer Haus in Hohenstein (Kreis Reutlingen), einem Pionier der Branche, gleicht jedenfalls  kein Eigenheim dem anderen. Rund 1000 Fertighäuser verlassen im Jahr die Fertigungsstraße im Werk Oberstetten und werden von dem kleinen Hohensteiner Teilort vor allem an Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber auch in andere europäische Länder gefahren und vor Ort schlüsselfertig errichtet. Jeder Bauherr drückt seinem Haus seinen ganz eigenen Stempel auf, plant nach seinen Bedürfnissen und den Gegebenheiten vor Ort, setzt individuelle Akzente und stattet sein Eigenheim vor allem auch nach seinen finanziellen Möglichkeiten aus.

Dank einer eigenen Kellerfertigung und einer Designerschreinerei bilden alle Entwürfe vom Fundament bis zum Dach je nach Ausbauwunsch des Kunden eine maßgeschneiderte Einheit. Den Wünschen sind im Prinzip keine Grenzen gesetzt, in intensiven Beratungsgesprächen werden sie in eine Planung umgesetzt und dabei haben die auf ganz Deutschland verteilten 100 Bauberater vor allem eines im Blick: die Wohngesundheit. Und die steht auch bei den künftigen Bauherren von den energieeffizienten Ein-, Zwei-, und Dreifamilienhäusern in Holztafelbauweise ebenso wie bei den Käufern von den als „FlyingSpaces“ genannten Raummodule ganz oben auf der Wunschliste. Dazu gehören die ausreichende Versorgung mit Tageslicht, ein guter Schallschutz, geprüfte schadstoffarme Ausbaumaterialien und gute Raumluft. 

Ein Anspruch, den Schwörer Haus seit jeher erfüllt: Das familiengeführte Unternehmen wurde 1950 gegründet, das erste Kundenhaus wurde 1964 gebaut. Bis heute wurden über 39 0000 Häuser realisiert, Schwörer Haus nimmt damit eine führende Position in der Hausbaubranche ein. Hergestellt werden die Schwörer-Häuser in den Werkshallen auf dem 50 Hektar großen Betriebsgelände in Oberstetten. Der natürliche Rohstoff Holz stammt aus regionaler, nachhaltiger Forstwirtschaft. Er wird im eigenen Sägewerk ohne chemischen Holzschutz zu hochwertigen, wohngesunden Bau- und Werkstoffen  weiterverarbeitet. Zahlreiche Patente für Baulösungen und Baustoffe unterstreichen die Innovationskraft des Unternehmens.

Darüber hinaus beteiligt sich Schwörer Haus regelmäßig an Forschungsobjekten zum Thema zukunftsweisendes Wohnen mit der Überzeugung, dass die Ergebnisse letztlich der Gesellschaft als Ganzes zugutekommen, so das Unternehmen. Von der Qualität der Schwörer-Häuser können sich Bauanwärter vor Ort überzeugen: Musterhausstandorte befinden sich unter anderem in Oberstetten, Fellbach, Ravensburg, Ulm und Villingen-Schwenningen. Und wer neugierig darauf ist, wie aus Holzbrettern ein Fertighaus wird, kann sich in Oberstetten zu Werksführungen anmelden. Ein Service, den nicht nur interessierte Bauherren in Anspruch nehmen können, sondern auch Vereine, Schulklassen, Betriebe oder andere Gruppen.


Info: www.schwoererhaus.de

3-2017